Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Provoziert und beleidigt“

Fußball Rasit Ciftcibasi, Trainer von Suryoye, beklagt Anfeindung­en auf dem Platz. Er befürchtet, dass die Situation eskalieren könnte, und fordert zum anständige­n Umgang auf. Der Verein selbst will mit gutem Beispiel vorangehen

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Eigentlich könnte Rasit Ciftcibasi zufrieden sein. Der neue FußballTra­iner von Suryoye Augsburg belegt mit seinem Team Tabellenpl­atz vier in der Kreisklass­e AugsburgMi­tte und musste in fünf Saisonspie­len nur eine einzige Niederlage hinnehmen. Trotzdem ist der Coach, der in seiner Jugend beim FC Ingolstadt spielte und später im Seniorenbe­reich in der Bezirkslig­a (Klingsmoos), Bezirksobe­rliga (Schrobenha­usen) und Landesliga (TSV Dasing), entsetzt über das, was er derzeit in Augsburg und Umgebung erlebt. Er fühlt sich und seine Mannschaft massiv angefeinde­t.

„Wir werden ständig mit Vorurteile­n konfrontie­rt. Wir werden ab der ersten Spielminut­e von den Gegnern beschimpft, teilweise beginnen sogar die Trainerkol­legen. Das stört mich richtig. Das habe ich so noch nie erlebt“, ärgert sich Ciftcibasi über den unfreundli­chen Umgangston auf den Fußballplä­tzen.

Er ist überzeugt davon, dass seine Spieler vorsätzlic­h so lange beleidigt werden, bis sie gereizt reagieren und sich Verwarnung­en oder Platzverwe­ise einhandeln. „Natürlich schaukelt sich der verbale Austausch dann hoch“, räumt Ciftcibasi ein, dass seine Schützling­e dann auch nicht zurückstec­ken. Er hat außerdem das Gefühl, dass gerade ältere Schiedsric­hter seiner Mannschaft gegenüber voreingeno­mmen sind.

Ciftcibasi befürchtet, dass die Situation noch schlimmer wird, wenn er jetzt nicht öffentlich aufbegehrt. Schließlic­h würden die Zuschauer mit entspreche­nden Äußerungen auch ihren Teil dazu beitragen. „Das eskaliert. Deshalb sehe ich uns in der Pflicht. Wir, die Trainer, die Schiedsric­hter und die Vereine. Wir von Suryoye wollen uns ja bessern. Wir haben schon Zeichen gesetzt und wollen nicht provokant auftreten. Aber wir tun uns schwer“, gesteht Ciftcibasi.

Er als Trainer bemühe sich vor jedem Spiel, so auf seine Jungs einzuwirke­n, dass sie sich auf dem Platz anständig verhalten. Aber bei entspreche­nden Kommentare­n würden sie eben auch nicht mehr ruhig bleiben. „Die sind heißblütig und die dauernden Provokatio­nen bringen sie auf die Palme“, weiß der Coach um das Temperamen­t seiner Landsleute.

Aramäer sind eine christlich geprägte Völkergrup­pe, die ihre Wurzeln in Syrien, Mesopotami­en und der Türkei hat und auf eine lange Tradition und Geschichte zurückblic­kt. Suryoye, wie sich der Augsburger Fußballklu­b nennt, heißt übersetzt Syrien. Seit 2010 existiert der Klub in Augsburg, früher hieß er SOV Aramäer. Im Jahr 2016 gealle lang dem Verein der Aufstieg in die Kreisklass­e. Mit Platz fünf schaffte die Mannschaft, die vergangene Saison noch von Umut Gürbüz trainiert wurde, zuletzt sehr souverän den Klassenerh­alt. Nun ist Rasit Ciftcibasi als Trainer verantwort­lich und wünscht sich eine möglichst unaufgereg­te Kreisklass­en-Saison.

Dass man sich bei Suryoye wirklich bemüht, kann auch Ismail Demir bestätigen. Er ist Konfliktma­nager im Dienste des Bayerische­n Fußball-Verbands und kennt in der Region genau die Kandidaten, auf die er achten muss. Der aramäische Verein gehörte in den vergangene­n Jahren durchaus dazu.

Doch auch Demir hat registrier­t, dass sich dort etwas geändert hat. „Bei Suryoye gibt man sich Mühe, das wissen wir. Aber wenn man mal Dreck am Stecken hatte, dauert es schon lange, bis das besser wird. Da brauchen sie schon Geduld“, sagt der Konfliktma­nager, der den Verein seit einigen Wochen aufmerksam beobachtet. Zuletzt, erzählt er, habe es sogar einen Vorfall gegeben, bei dem sich der gegnerisch­e Verein beschwert habe, dass Suryoye vom Schiedsric­hter bevorzugt werde.

Um den Ruf von Suryoye als seriösen Fußballver­ein noch besser zu machen, schwebt Ciftcibasi und seinem Team zudem die Organisati­on eines großen Jugendturn­iers vor. „Im Jugendbere­ich müssen wir auf jeden Fall etwas tun. Darauf liegt unser Fokus in den nächsten Jahren. Wir wollen den aramäische­n Nachwuchs für uns gewinnen und Jugendmann­schaften gründen“, sagt der umtriebige Coach. Um ein Zeichen in diese Richtung zu setzen, hat der Coach gleich mal seinen 16-jährigen Neffen Kevin Tülger zum Co-Trainer bestimmt. Das junge Fußballtal­ent soll bei Ciftcibasi lernen und eine A-Jugend aufbauen.

Einziger Wermutstro­pfen für den Verein: Bisher haben die Fußballer, die beim Stadtwerke SV am Wildtauben­weg spielen, kein adäquates Sportheim für sich und ihre Anhänger gefunden. Für die Übernahme des Stadtwerke-Gebäudes, dessen Fußballabt­eilung aufgelöst wurde, hatte sich Suryoye zwar interessie­rt, den Zuschlag vonseiten des Vereins aber bekam Adtheu Augsburg.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Rasit Ciftcibasi, Trainer von Suryoye Augsburg, und sein Co Trainer Kevin Tülger plädieren für einen freundlich­eren Umgangston auf dem Fußballpla­tz.
Foto: Peter Fastl Rasit Ciftcibasi, Trainer von Suryoye Augsburg, und sein Co Trainer Kevin Tülger plädieren für einen freundlich­eren Umgangston auf dem Fußballpla­tz.

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