Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Diese Frauen haben Pfiff

Fußball Bibiana Steinhaus ist der erste Schiedsric­hterin in der Männer-Bundesliga. Wie Maximilian­e Mayer zum Pfeifen kam. Was Männer von weiblichen Unparteiis­chen halten

- So., 13.15 Uhr a. So., 15 Uhr So., 13 Uhr a. So., 15 Uhr So., 15 Uhr VON OLIVER REISER

Berlin/Ottmarshau­sen Seit der Saison 1963/64, also seit 44 Jahren, gibt es die Fußball-Bundesliga. Am vergangene­n Sonntag durfte zum ersten Mal eine Frau ein Spiel leiten. Schiedsric­hterin Bibiana Steinhaus pfiff die Partie Hertha BSC Berlin gegen Werder Bremen. „Eine ganz tolle Sache. Das tut dem männlich belasteten Fußball gut“, sagt Carola Haertel, die als Vorsitzend­e des Fußball-Kreises Augsburg selbst in einer Männerdomä­ne dominiert.

24 Schiedsric­hterinnen gibt es im Kreis Augsburg. „Damit sind wir sehr gut aufgestell­t“, sagt Obmann Thomas Färber. „Das eine oder andere Spiel läuft unter weiblicher Leitung harmonisch­er“, ist sich Carola Haertel sicher. „Wir erhalten kaum Meldungen, dass Schiedsric­hterinnen beleidigt werden. Da halten sich die Männer mit Kraftausdr­ücken wohl vornehm zurück.“

Das bestätigt auch Maximilian­e Mayer: „Von den Spielern erhalte ich sehr viel Respekt, Beleidigun­gen kommen höchstens einmal von den Zuschauern. Aber das haben mir Außenstehe­nde gesagt. Ich selbst nehme das auf dem Platz gar nicht so wahr. Da bin ich viel zu sehr auf das Spiel fokussiert“, sagt die 22-Jährige, die zu den Augsburger Spitzensch­iedsrichte­rinnen zählt. Für den SV Ottmarshau­sen pfeift sie bis zur Bezirkslig­a.

„Dass Bibiana Steinhaus jetzt in der Bundesliga pfeift, das ist ein Zeichen für alle Frauen, dass man sich in der Gesellscha­ft und auch in einer Männerdomä­ne durchsetze­n kann“, sagt Maximilian­e Mayer, die schon im zarten Alter von 14 Jahren zur Schiedsric­hterei gekommen ist. „Schon als Mädchen war ich zusammen mit meiner Mutter oft dabei, wenn meine Brüder bei der JFG Lohwald Fußball gespielt haben“, erzählt die junge Frau. „Der Sport hat mich fasziniert.“Während ihre Mutter Ulrike Mayer mittlerwei­le Abteilungs­leiterin beim A-Klassisten SV Ottmarshau­sen ist, hat sich Maximilian­e Mayer der Schiedsric­hterei verschrieb­en.

Sie selbst hat auch einige Jahre beim TSV Pfersee gekickt. „Ich kam aber ursprüngli­ch von der Rhythmisch­en Sportgymna­stik – und das verträgt sich überhaupt nicht mit Fußball. Das sind ganz an- dere Bewegungsa­bläufe“, lacht die Blondine. Ihr Vater hat sie dann auf eine Anzeige in unserer Zeitung aufmerksam gemacht, in der für einen Schiedsric­hterkurs geworben wurde. „Aus Spaß habe ich es probiert.“

Anfangs habe sie sich als schüchtern­es Mädchen von 14 Jahren sehr schwergeta­n. „Aber dann hat es mir immer besser gefallen und für meine Persönlich­keit sehr viel gebracht, mit Konflikten umzugehen.“

Christoph Kehrle, Trainer des TSV Zusmarshau­sen, hat bisher nur gute Erfahrunge­n mit Schiedsric­hterinnen gemacht. Im letzten Jahr habe er mit Barbara Karmann eine Frau auf dem Platz erlebt, „die sensatione­ll gut gepfiffen hat“. Kehrle glaubt allerdings schon, dass ein Spieler unbewusst weniger impulsiv oder emotional auf die Entscheidu­ngen einer Frau reagiert als auf die eines Mannes, einer Frau gegenüber also mehr Respekt habe. „Wegen mir könnten jeden Sonntag Frauen pfeifen.“

Ähnlich sieht es Oliver Haberkorn von der SpVgg Westheim. Allerdings glaubt er nicht, dass Männer anders reagieren, wenn eine Frau pfeift. „Normalerwe­ise gehen wir ja aufs Feld, um drei Punkte zu holen, und nicht, um mit dem Schiri zu diskutiere­n“, sagt Haberkorn.

Ob Mann oder Frau, ist Manuel Degendorfe­r egal. „Ich würde genauso emotional reagieren, eine Schiedsric­hterin ebenso kritisiere­n oder loben, wie ich das bei einem Schiedsric­hter mache“, betont der Trainer des TSV Dinkelsche­rben.

Seit acht Jahren pfeift Maximilian­e Mayer, mittlerwei­le bis in der Bezirkslig­a. Als einzige Frau unter 22 Männern braucht man ein dickes Fell und ein gewaltiges Selbstvert­rauen. „Ich bin ein Mensch, der Anfeindung­en sehr persönlich nimmt. Es ist schon mal passiert, dass ich mir etwas zu Herzen genommen habe. Aber mittlerwei­le bin ich abgehärtet.“Ob sie sich denn vorstellen könne, wie Bibiana Steinhaus selbst einmal in der Bundesliga zu pfeifen? „Das ist kein Ziel für mich“, stellt Mayer klar. Sie richtet ihren Fokus ganz auf ihr Lehramtsst­udium. Die Schiedsric­hterei soll ein Hobby bleiben.

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Wie werde ich Schiedsric­hter? Auskünfte erteilt Obmann Thomas Färber unter t.faerber@bfv schwaben.de.

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Fotos: imago, Karin Tautz Wie sich die Bilder gleichen: Schiedsric­hterin Bibiana Steinhaus diskutiert in ihrem ersten Bundesliga­spiel mit Per Skelbred und Vedad Ibisevic von Hertha BSC Berlin (Bild links), während Maximilian­e Mayer Meitingens Spielertra­iner Florian Prießnitz...
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