Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Babywunsch als Fall für die Justiz
Freispruch für eine Augsburger Beraterin
fragt sich bei manchem: Warum soll der so schlimm sein?“
Wilfried Mütterlein, wie Nieberle Mediziner und als Psychiater vom Fach, hat die alten psychiatrischen Berichte über die Bewohner gelesen und die, die Ursula Deye geschrieben hat. „Das schienen ganz verschiedene Menschen zu sein“, sagt Mütterlein. „Weil Ursula Deye den ganzen Menschen gesehen hat und nicht nur die Defizite.“Jedenfalls, so Nieberle, sei es für die Bewohner ein großer Gewinn, im „Fichtenhaus“leben zu können. Und Claudia Schmidt ergänzt: „So was wie hier gibt’s sonst einfach nicht. Das wollten wir erhalten.“
Also schmiedeten sie Pläne und begannen zu rechnen: Wie viel könnte der Verein mit seinen rund 55 zahlenden Mitgliedern selbst finanzieren, von wem könnte es Förderungen geben und von wem Spenden? Die Regierung und der Bezirk Schwaben sicherten zwar zu, 70 Prozent der förderfähigen Kosten zu übernehmen, weil sie die „Nischenarbeit“, die das Fichtenhaus leiste, schätzen. In trockenen Tüchern war das Vorhaben damit aber noch lange nicht. „Das war schon ein Abenteuer“, sagt Edgar Schmidt, der als Bankkaufmann für den Finanzierungsplan zuständig war. Die ursprünglich kalkulierten Kosten von einer Million Euro haben sich im Laufe der Jahre verdreifacht, unter anderem, weil der Verein ein bereits bestehendes Gebäude auf dem Grundstück nicht wie geplant nutzen konnte.
Eine weitere Belastung war das Konzept, das die Regierung von Schwaben verlangte und an dem Heimleiter Alois Rindle drei Jahre lang gefeilt hat. „Da muss man schon Pädagoge sein, um das durchzustehen“, sagt Claudia Schmidt schmunzelnd. Viel Überzeugungsarbeit war nötig, um die vandalismussichere Einrichtung durchzusetzen oder auch die ebenerdige Bauweise, die auf die Bedürfnisse der Bewohner abgestimmt ist.
„Was das für ein Aufwand war“, sagt Nieberle und schüttelt den Kopf. Mehr als einmal haben die fünf ans Aufgeben gedacht. „Aber wir hatten ja keine Alternative. Wir mussten was machen“, sagt Claudia Schmidt. Und irgendwann gab es kein Zurück mehr: „Da hat man schon so viel Geld und Zeit investiert, da hilft nur noch: Augen zu und durch“, fügt ihr Mann hinzu. Wenn das neue „Fichtenhaus“am Samstag eingeweiht wird, machen sie jedenfalls „drei Kreuzzeichen“. Aber ein bisschen stolz sind sie auch – und hoffen, dass ihr kleines Heim, das künftig zwölf Bewohnern Platz bietet, Vorbild für andere kleine, familiäre Einrichtungen sein könnte. O
Einweihung Das neue Fichtenhaus wird am Samstag, 23. September, ein geweiht. Nach dem Festakt um 10 Uhr werden ab 13 Uhr ein Kinderprogramm und Führungen im Neubau angeboten. Augsburg Wenn eine Frau kein Kind bekommen kann, ist es für sie oft der einzige Weg, dennoch selbst ein Baby auf die Welt zu bringen: das Einsetzen einer fremden befruchteten Eizelle in die Gebärmutter. In Deutschland aber sind Eizellspenden verboten. Eine KinderwunschBeraterin aus Augsburg, die Frauen die Namen von entsprechenden Kliniken im Ausland genannt hat, war deshalb angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf der 56-Jährigen vor, gegen das Embryonenschutzgesetz verstoßen zu haben. Nun wurde sie in einem Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht allerdings von diesem Vorwurf freigesprochen.
Amtsrichter Ralf Hirmer vertritt die Ansicht, zwischen der Beratung der Frauen und der eigentlichen Eizellspende im Ausland lägen noch so viele Zwischenschritte, dass die Beraterin keine strafrechtlich relevante Beihilfe zur „Tat“geleistet habe.
Eizellspenden sind in Deutschland verboten
Zudem hätten die Ärzte und Biologen im Ausland etwas getan, was in den jeweiligen Ländern – es geht vor allem um Tschechien und Spanien – erlaubt sei. Der Richter geht davon aus, dass sich die KinderwunschBeraterin auch deshalb mit der Vermittlung von Patientinnen gar nicht strafbar machen konnte.
Der Verteidiger der 56-Jährigen, der Berliner Anwalt Holger Eberlein, bewertet das Urteil als „wichtiges und positives Signal“. Die professionelle und seriöse Beratung von Frauen und Paaren mit Kinderwunsch dürfe nicht kriminalisiert werden. Das fördere ansonsten nur einen undurchsichtigen Schwarzmarkt. Verboten wurde die Eizellspende im Jahr 1990 durch das Embryonenschutzgesetz. Das Gesetz erlaubt zwar die Befruchtung einer Eizelle mit Samen eines fremden Mannes. Doch die Eizelle selbst muss von der Mutter stammen. Wer die Behandlung mit fremden Eizellen vornimmt, muss mit einem Strafverfahren rechnen. Das Gesetz solle, heißt es, die „eindeutige Identität“des Kindes schützen. Kritiker von Eizellspenden halten es für problematisch, dass Kinder dadurch praktisch zwei Mütter hätten.