Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dass wir das überlebt haben
(Landkreis Neu-Ulm) ist seit mehr als 20 Jahren immer am Samstag des mittleren, sogenannten ItalienerWochenendes auf der Wiesn im Einsatz und unterstützt seine Kollegen vom Bayerischen Roten Kreuz. In dieser langen Zeit hat der 50-Jährige ziemlich alles miterlebt, was Patienten auf dem Oktoberfest zustoßen kann. Bierleichen und Menschen, die sich geprügelt haben, müssen besonders oft versorgt werden. Doch auch Kreislaufprobleme und medizinische Notfälle wie ein Herzinfarkt gehören zum Einsatzgebiet der Wiesn-Sanitäter. Was Wörsing diesmal besonders gefreut hat: Es blieb friedlich. „Es war eine schöne, entspannte Wiesn.“
Wie haben wir das früher nur überlebt? Fragen Sie sich das auch oft? Denn es gab sie, die Kindheit, in der es eine Selbstverständlichkeit war, dass man nach etlichen Probemärschen in Begleitung eines Erwachsenen allein zur Schule gelaufen, mit dem Bus oder mit dem Rad gefahren ist. Für den Nachmittag verabredete man sich beim Spielplatz oder einem anderen Fleck, wo man ungestört spielen, reden und im Kettcar, auf Rollschuhen oder sonst einem Gefährt Runde um Runde drehen konnte. Einfach so. Aus Freude an der Bewegung. Aus Freude, freizuhaben. Aus Freude, Freunde zu haben.
Und man hatte kein Smartphone! Das stelle man sich mal vor: Man bewegte sich als Kind ohne Kontrolle der Eltern – und ohne Gefahr zu laufen, sich schon im frühen Kindesalter durch permanentes Starren auf einen kleinen Computer Nackenund Schulterprobleme einzuhandeln. Von anderen Gefahren wie etwa fürs Hirn und das Sozialverhalten mal abgesehen. Besorgte Eltern treiben diese Risiken sicher um. Doch so manche trauen ihrem Nachwuchs offenbar nicht einmal mehr das Laufen zur Schule zu. Gehen ist vielleicht manches Kind gar nicht mehr gewöhnt. Länger laufen schon gar nicht. Da fährt man lieber. Mit dem Auto. Bis knapp vors Klassenzimmer. Muss ja heute alles effizient sein. So rumbummeln auf dem Schulweg, das passt nicht mehr in die Zeit.
Aber vielleicht hat sich das mit dem Elterntaxi irgendwann erledigt. Wenn es keine Schulhäuser mehr gibt, weil jeder von zu Hause aus oder von wo auch immer am Laptop lernt. Treffen und austauschen tut man sich ja längst lieber im Internet. So sinkt stetig die Gefahr, sich beim Spiel oder einer gelegentlichen Rauferei auf dem Schulweg das Knie aufzuschlagen. So schreckliche Sachen passierten nämlich damals tatsächlich öfter. Ein Wunder, dass wir es überlebt haben.