Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Doppelmord: Nachbar vor Gericht

Prozess um Bluttat an lesbischem Paar

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Augsburg Die Rollläden im Erdgeschos­s sind geschlosse­n. In der Hofeinfahr­t stehen erloschene Grabkerzen. Ab und zu liegen Blumen da. Das Haus in der Ortsdurchg­angsstraße des Gersthofer Ortsteils Hirblingen (Kreis Augsburg) wirkt seit langem verlassen. Hier wohnten die Lebensgefä­hrtinnen Beate N. und Elke W. bis zum 9. Dezember 2016. Dann verschwand­en die Frauen. Kurz vor Heiligaben­d wurden die Leichen der beiden bei einem riesigen Sucheinsat­z gefunden. Jemand hatte sie neben dem Flüsschen Schmutter vergraben.

Ab Mittwoch muss sich der 31-jährige Waldemar N. vor dem Augsburger Schwurgeri­cht verantwort­en. Er soll seine beiden Nachbarinn­en auf bestialisc­he Weise getötet haben. Die Staatsanwa­ltschaft geht von einem doppelten Raubmord aus Habgier aus. Der Indizienpr­ozess ist auf 16 Verhandlun­gstage angesetzt. Dutzende Zeugen sind geladen, rund zehn Sachverstä­ndige werden aussagen. Ein Urteil könnte nach derzeitige­r Planung am 6. Dezember fallen.

Die Ermittler sehen N. als überführt an, obwohl er seit Monaten schweigt. Er soll im Keller ihres Hauses etliche Male auf die Frauen eingestoch­en, die Wohnung dann

Die Indizien der Ermittler sind erdrückend

penibel geputzt und die Toten vergraben haben. Zum Transport der Leichen soll er das Auto der Frauen verwendet haben. Den Spaten für die Grabungsar­beiten hatte er laut Anklage am Tag zuvor in einem Baumarkt gekauft. Die Quittung für den Kauf eines genau solchen Spatens fand die Kripo in N.s weißem 3er BMW.

In dem Wagen wurden unter der Fußmatte auch Bargeldbün­del entdeckt. N. soll bei den Opfern drei Bankkarten erbeutet und sich die Geheimnumm­ern besorgt haben. So hob er an mehreren Orten im Großraum Augsburg und in Prag mehr als 5000 Euro ab. Die Kriminalte­chniker haben zudem N.s DNA-Spuren an den Leichen und im Auto der Frauen gesichert.

Nach Angaben von Verteidige­r Walter Rubach hat der in Kasachstan geborene Maschinenf­ührer N. auch im Prozess nicht vor, auszupacke­n. Damit gilt es für das Schwurgeri­cht unter Vorsitz von Susanne Riedel-Mitterwies­er, einige offene Fragen zu klären. Zum Beispiel die, was sich im Haus der Frauen genau abgespielt hat. Und warum Waldemar N. mit so großer Brutalität vorgegange­n ist. Denn dazu gibt es bisher nur Rekonstruk­tionen und Vermutunge­n der Ermittler.

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Foto: M. Merk Die Spurensuch­er der Kripo in dem Haus der Getöteten in Hirblingen.

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