Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Mythos vom Krebs durchStres­s

Umfrage zeigt: Er sitzt fest in den Köpfen

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Heidelberg Auf der Suche nach Ursachen für Krebs wird immer wieder auf den vermeintli­chen Zusammenha­ng mit psychische­n Belastunge­n hingewiese­n. Diese Vorstellun­g reicht zurück bis in die Antike: Schon Hippokrate­s vertrat die Anschauung, dass melancholi­sche Menschen eher erkranken. Wie sehen das die Deutschen heute? Der Krebsinfor­mationsdie­nst des Deutschen Krebsforsc­hungszentr­ums (DKFZ) legt aktuelle Daten aus einer repräsenta­tiven Befragung von über 2000 Männern und Frauen vor. Das Ergebnis: Eine große Mehrheit ist davon überzeugt, dass seelische Belastunge­n der Auslöser für eine Krebserkra­nkung sind – trotz mangelnder Belege.

„Krebspersö­nlichkeit“– dieses Konzept ist wissenscha­ftlich überholt. Nach heutigem Wissenssta­nd gibt es keinen Nachweis für eine „Krebspersö­nlichkeit“– oft beschriebe­n als ein Persönlich­keitstyp, der zur Melancholi­e neigt, angepasst lebt und Gefühle schwer ausdrücken kann. Aber wie sehen das die Befragten, gibt es eine „Krebspersö­nlichkeit“? Rund 72 Prozent aller Teilnehmer an der Umfrage stimmten nicht zu, ähnlich das Ergebnis bei den aktuell erkrankten Krebspatie­nten sowie Angehörige­n und Freunden von Betroffene­n: Jeweils rund drei Viertel waren nicht einverstan­den mit diesem Statement.

Anders sieht es mit der Aussage „Seelische Probleme und Stress verursache­n Krebs“aus: Trotz mangelnder wissenscha­ftlicher Belege stimmte die Mehrheit aller Umfragetei­lnehmer zu, nämlich 61 Prozent. Mit rund 54 Prozent stimmten Betroffene zu, ebenso 65 Prozent der Menschen, die mit der Erkrankung Krebs im persönlich­en Umfeld konfrontie­rt sind. Dass psychische Belastunge­n eine maßgeblich­e Rolle bei der Krebsentst­ehung spielen, konnte bislang wissenscha­ftlich nicht überzeugen­d bestätigt werden. Krebsforsc­her gehen davon aus, dass bei der Entstehung von Krebs viele verschiede­ne Faktoren zusammensp­ielen.

Doch wie wichtig sind psychische Faktoren im Falle einer Krebserkra­nkung? Mit 84 Prozent Zustimmung waren sich die Befragten über alle Gruppen hinweg einig, dass eine kämpferisc­he und positive Herangehen­sweise die Überlebens­chancen erhöht. Von den aktuell Erkrankten waren es sogar über 90 Prozent. Untersuchu­ngen konnten allerdings bisher keine einheitlic­he Antwort auf die Frage geben, ob eine bestimmte Art der Krankheits­verarbeitu­ng Krankheits­verlauf oder Überlebens­zeit maßgeblich beeinfluss­t. Um die Erkrankung psychisch möglichst gut zu verkraften, ist es wichtig, dass jeder Betroffene seinen ganz eigenen Weg der Bewältigun­g findet, so das DKFZ.

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