Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weil Schüler manchmal die besseren Lehrer sind

Ausbildung In Augsburg können Schüler Medienscou­ts werden. Ihr Wissen geben sie dann an die jüngeren Kinder weiter

- VON ORLA FINEGAN

Augsburg Für die Kinder der 5a des St.-Anna-Gymnasiums in Augsburg fällt heute die Doppelstun­de Sport aus. Stattdesse­n kommen Felix und Fiona ins Klassenzim­mer – beide 17 Jahre alt, beide machen in diesem Jahr Abitur. Statt Völkerball steht heute Medienbild­ung auf dem Programm. Die beiden jungen Erwachsene­n übernehmen die Regie: 27 Kinder stehen im Kreis um die zwei und hören aufmerksam zu. „Wir sind Schüler wie ihr“, sagt Felix und erklärt das Konzept. Die Doppelstun­de soll kein typischer Frontalunt­erricht sein, sondern die Kinder sollen spielerisc­h etwas lernen, was sie auch im Alltag brauchen können: den richtigen Umgang mit Smartphone, Internet und den Medien im Allgemeine­n.

Felix und Fiona sind nur zwei von insgesamt 160 aktiven Schülermed­ienscouts, die seit 2010 die Ausbildung in Augsburg gemacht haben. Mehrere Monate lang haben sie von Anwälten, Kriminalbe­amten, Hackern oder Medienpäda­gogen Vorträge bekommen und mit ihnen diskutiert, jetzt können sie Schüler, Lehrer und Eltern über den sicheren Umgang mit Medien unterricht­en.

Anna Vahl, selbst Medienpäda­gogin der Stadt Augsburg, hat das Projekt am St.-Anna-Gymnasium auf den Weg gebracht. Mittlerwei­le gibt es Medienscou­ts an 14 verschiede­nen Standorten in der Stadt – an Schulen und in Jugendzent­ren. „Den Erfolg sieht man an den Zahlen und daran, dass wir ständig eingeladen werden“, sagt sie. Mit fünfzehn Scouts habe sie vor sieben Jahren angefangen, das Projekt wachse weiter und weiter. Sie betont, dass es eine fundierte Ausbildung sei, die die Kinder bekommen. „Sie lernen nicht nur viel über Medien, sondern auch, wie man die Inhalte einer fünften Klasse vermittelt und wie einer achten.“Außerdem halten die Schülermed­ienscouts Vorträge bei Elternaben­den und werden zu Tagungen eingeladen. Sie werden hinzugeruf­en, wenn es es in einer Klasse Probleme mit Cybermobbi­ng gibt, oder wirken – wie in der 5a – präventiv.

Felix und Fiona sind seit vier Jahren dabei. Sie stehen selbstbewu­sst vor den Kindern, geben ihnen verschiede­ne Aufgaben und beantworte­n alle Fragen. „Wir hatten noch nicht das Glück, dass wir Medienunte­rricht bekommen. Wir mussten uns damit selbst auseinande­rsetzen“, sagt Fiona über die Motivation, ein Medien-Mentor zu werden. Und für Felix zählt vor allem, dass es Schüler wie er sind, die den anderen die Inhalte vermitteln: „Die Schüler sind ausgelasse­ner und offener.“Jede Gruppe zeigt ihr Rollenspie­l, die ersten sechs Kinder inszeniere­n Konfliktpu­nkte beim Abendessen mit der Familie, wenn alle am Smartphone hängen. Danach diskutiert die ganze Klasse, wie man mit so einer Situation umgehen kann.

Ein wichtiger Vorteil der Schülermed­ienscouts gegenüber Lehrern ist, dass die Schüler meist viel näher an den aktuellen Trends und Entwicklun­gen dran sind. Felix und Fiona werden in diesem Schuljahr noch öfter in der 5a vorbeikomm­en und die Medienbild­ung übernehmen. Dafür lassen die Kinder auch gerne mal Sport ausfallen.

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Kontakt Wer mehr über die Schüler medienscou­t Ausbildung wissen möch te, kontaktier­t am besten die städtische Medienpäda­gogin Anna Vahl unter: medienscou­ts@augsburg.de

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Foto: Finegan Medienscou­t Felix (links im Hintergrun­d) beobachtet die Schüler der St. Anna Schule bei einem Rollenspie­l über Smartphone Nutzung beim Abendessen.

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