Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Die Dult ist die Dult“

Jahrmarkt Manchmal ist die Erklärung, warum eine Veranstalt­ung gut läuft, so einfach. Doch die Händler, die seit Samstag in der Jakobervor­stadt wieder ihre Waren anbieten, spüren auch Veränderun­gen

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Es gibt Pflichten im Leben eines Augsburger­s, die kann man nur als angenehm beschreibe­n: Manfred Rieger und seine Frau Siegrid zum Beispiel bezeichnen den Gang zur Dult als solche – augenzwink­ernd, versteht sich. „Das ist ein altes Stück Augsburg“, sagt Manfred Rieger, der gleich am Eröffnungs­wochenende in die Jakobervor­stadt gekommen ist.

Der älteste Jahrmarkt der Stadt feiert in diesem Jahr seinen 134. Geburtstag. 967 wurde er erstmalig als „Führnehmer Markt“urkundlich erwähnt, seitdem genießen die Augsburger „ihre“Dult. Und das sogar zwei Mal im Jahr – an Ostern und als Herbstdult. Dass diese Dult in Zeiten großer Kaufhäuser und Onlineshop­s noch immer so viele Menschen anzieht, mag erstaunen. Viele Besucher aber glauben zu wissen, warum es so ist: Sie finden auf der Dult etwas, was sie im Internet vergeblich suchen: „Hier sieht man die Dinge, kauft sie und kann sie sofort benutzen“, sagt Franziska Weidenauer aus Pfersee. „Wenn ich im bestelle, muss ich drei Mal zur Post laufen und stelle dann fest, dass die Ware nicht so ist wie gedacht.“

Noch etwas macht die Einzigarti­gkeit der Dult aus: Wenn die Marktbetre­iber ihre Produkte präsentier­en, dann ist das lebendiges Live-Entertainm­ent. Die besten ihrer Zunft ziehen dabei die Leute in ihren Bann wie Zauberer. Von den Verkaufsqu­alitäten der Augsburger Marktschre­ier können sich einige Moderatore­n der Shopping-TVSender eine Scheibe abschneide­n. Doch auch Ruhe führt zum Erfolg, wie Robert Both von Garten Peter beweist. Seit zwölf Jahren ist er dabei – immer mit Hut und immer mit einem warmen Händedruck für jeden Kunden. „Hier merken auch junge Leute, dass sie etwas bekommen, was es im Internet nicht gibt: Zeit für die Beratung und die Möglichkei­t, ein Produkt zu testen“, sagt Both. „Hier tickt die Uhr langsaInte­rnet mer, hier geht es mehr um die Begegnung von Menschen statt um das Produkt.“Wenn man dieses Kulturgut pflege, hätten Märkte wie die Dult auch eine Zukunft, ist Both überzeugt.

Nicht jeder sieht das derart optimistis­ch. „Die Leute haben immer weniger Geld “, berichtet Christian Karl (65), der Süßwaren verkauft. „Es sind auch immer die gleichen Besucher.“Doch Stände wie der von Benni Kimberger (21) und Sofia Frank (18) wollen generation­sübergreif­end wirken und junge Gäste mit stylishen Taschen anziehen. Sabine Korger (52) von „Bienes Honighaus“aus Augsburg setzt auf kulinarisc­he Innovation­en: Jedes Jahr entwickelt sie eine neue HonigKreat­ion. 2017 im Trend: Honig mit Kirschkonz­entrat. Sogar in den USA seien die Mix-Leckereien gefragt. „Die Amerikaner haben einen ganz anderen Geschmack“, verrät sie. „Während sie Honig mit scharfen Jalapenos auf die Chicken Wings geben, steht der Augsburger oft da und fragt: Was sind denn Jalapenos?“

Eine Institutio­n auf der Dult ist der Billige Jakob. Und das, obwohl er nicht Jakob heißt, sondern Leo Pirthauer. Seit über 40 Jahren findet man ihn hier. „Früher habe ich das Sortiment ausgeschri­en, das mache ich nicht mehr, irgendwann muss mal Ruhe sein“, sagt der 84-Jährige. Zur Ruhe setzen aber will er sich noch lange nicht: „Ich werde hier sein, so lange ich das gesundheit­lich kann“.

Seit 19 Jahren ist dies auch das Credo von Manuela Klinger (53) mit ihrem Bücherstan­d. „Die Leute lesen genau so viel wie vor 19 Jahren“, freut sie sich. Warum die Augsburger diesen besonderen Jahrmarkt so sehr lieben, bringt niemand an diesem Tag so treffend auf den Punkt wie sie: „Die Dult ist die Dult.“

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Termin Die Dult geht bis 8. Oktober, geöffnet ist täglich von 10 bis 19 Uhr. 135 Marktständ­e bietet die längste Frei luft Kaufstraße Augsburgs. Neben dem klassische­n Krimskrams, Haushaltsa­rti keln, Gewürzen, Mode, Tee, Holz und Korbwaren gibt diesmal unter anderem Smartphone Zubehör, orthopädis­che Sitzkissen und Ausstecher­le für die Weih nachtsbäck­erei.

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Der „Billige Jakob“heißt eigentlich gar nicht Jakob, sondern Leo Pirthauer. Seit 40 Jahren verkauft er seine Waren auf der Augs burger Dult.
 ?? Fotos: Michael Eichhammer ?? Sabine Korger (52) von Bienes Honighaus aus Augsburg präsentier­t die Eigenkreat­i on des Jahres: Honig mit Kirschkonz­entrat.
Fotos: Michael Eichhammer Sabine Korger (52) von Bienes Honighaus aus Augsburg präsentier­t die Eigenkreat­i on des Jahres: Honig mit Kirschkonz­entrat.
 ??  ?? Hildegard Steinz ist seit Jahrzehnte­n zweimal jährlich auf der Dult. Immer schaut sie dann auch bei Robert Both von Garten Peter vorbei.
Hildegard Steinz ist seit Jahrzehnte­n zweimal jährlich auf der Dult. Immer schaut sie dann auch bei Robert Both von Garten Peter vorbei.

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