Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nur wenige vermissen den Marktsonntag
Wochenende Das Turamichele-Fest zog tausende Besucher in die Innenstadt. Viele waren sogar froh, dass die Geschäfte nicht geöffnet hatten. Für die Belebung der Innenstadt könnte dies Konsequenzen haben
In den vergangenen drei Tagen hatte der Heilige Michael jede Menge zu tun. Von Freitag bis Sonntag erschien er zwischen 10 und 18 Uhr stündlich in der kleinen Nische am Perlachturm und kämpfte im Rhythmus der schlagenden Turmuhr gegen das Böse. Über mangelnden Zuspruch durfte er sich dabei nicht beschweren: Allein am Michaeli-Tag, dem Freitag, kamen 1700 Kinder aus Schulen und Kindergärten zum Turamichele-Fest auf den Rathausplatz und sahen sich das Schauspiel an.
Einer der Besucher war der vierjährige Linus Mayr, der sich am Sonntag am Stand einer Krankenkasse zu einem kleinen Tiger schminken ließ. „Toll“, finde er es hier, erzählte er und auch seine Mutter war angetan. „Ein schönes Programm für die Kleinen und diesmal war auch nicht ganz so viel los.“Damit spielte Kathrin Mayer auf den Marktsonntag rund ums Turamichele an, den es in diesem Jahr wegen eines Gerichtsurteils nicht mehr gab.
„Wenn der Marktsonntag heute stattgefunden hätte, wäre das in Ordnung gewesen, aber vermissen tue ich ihn nicht“, sagt auch Tanja Dörner aus Augsburg. Für Sabine Grießhaber war der Wegfall der Sonntagsöffnung sogar ein entscheidender Grund, mit ihren beiden Jungs zum Turamichele zu kommen: „Da ist nicht so viel los und al- les etwas ruhiger“. Auch ihre Freunde aus Tübingen fanden es nicht schlimm, dass sie Augsburg nur mit geschlossenen Geschäften erleben können. „Die Stadt ist auch so schön“, meint Michael Schneider.
So und ähnlich antworteten auch viele andere Besucher. Nur wenige gaben an, sich den Marktsonntag zurückzuwünschen. Zwei Familien waren über die geschlossenen Geschäfte allerdings verärgert. „Wir sind extra aus Ulm hierher gekommen, weil wir im Internet gelesen haben, dass heute in Augsburg die Läden geöffnet haben“, erzählt Familie Benz. Auch Petra Vogel ist mit Tochter Lena von Merching hergefahren, weil sie sich auf Angaben aus dem Internet verlassen hatte. „Die Enttäuschung ist nun schon groß“, so Petra Lange.
Während Familie Lange ihre Informationen von einer Seite hat, die Marktsonntagstermine aus ganz Deutschland sammelt und auflistet, hatten sich die Benz’ auf der Seite der City Initiative Augsburg (CIA) informiert. Dort wurde in der Überschrift eines Artikels tatsächlich auch am Sonntagmittag noch für das Turamichele-Fest mit ShoppingSonntag 2017 geworben. Für Heinz Stinglwagner, Geschäftsführer der CIA, ein ärgerlicher Fehler. „Das war natürlich ein Versehen. Das tut uns leid. Wir entschuldigen uns natürlich bei den Familien.“Abgesehen von diesem Vorfall sei er jedoch mit dem Verlauf der Veranstaltung sehr zufrieden.
Das Konzept, das TuramicheleFest in diesem Jahr alternativ auf drei zusammenhängende Tage auszuweiten, sei eine gute Lösung gewesen. „Zusammen mit der Dult und der Oldtimer-Rallye war das ein schönes Gesamtkonzept zur Belebung der Innenstadt“, ist er überzeugt. Die vielen Besucher hätten auch deutlich gemacht, dass die Veranstaltungen für sich genommen so stark seien, dass sie einen Marktsonntag rechtfertigen können. Das war nämlich der Knackpunkt für das Urteil des Gerichts gewesen.
Wie viel Menschen an den drei Tagen tatsächlich den Weg in die Innenstadt gefunden haben, kann Stinglwagner nicht sagen. „Eine Schätzung wäre unseriös. Wir wollen das erst anhand von Fotos zusammen mit der Polizei auswerten“, erklärt er. Es seien zwar sicher weniger, als in den letzten Jahren mit dem Marktsonntag, aber immer noch eine beachtlich hohe Zahl. Besonders stark sei der Zuspruch am Samstag gewesen. „Da war die Stadt richtig voll und ich habe auch von vielen Händlern ein positives Feedback bekommen“, sagt er. Am Samstag hatten einige Geschäfte die Aktionen durchgeführt, die ursprünglich für den Marktsonntag geplant gewesen waren.
Auch die Anbieter der Mitmach-
Citiy Initiative will Fokus auf den Samstag legen
aktionen auf dem Rathausplatz ziehen ein positives Fazit. „Am Samstag hatten wir sehr viele Besucher und da war der Platz richtig voll“, erzählt Sandra Lößl vom Studienkreis Augsburg. Nur der Freitag sei, vermutlich auch witterungsbedingt, schwächer ausgefallen. Ähnlich bewertet die Lage Hans Graber von der IKK-Classic: „Am Samstag haben wir fast 300 Kinder geschminkt und hatten großen Zulauf. Auch der Sonntag war prima. Wir können nicht sagen, dass uns die nicht geöffneten Geschäfte Kunden gekostet hätten.“
Für Heinz Stinglwagner ist das eine wichtige Rückmeldung, wenn es um Fakten pro Marktsonntag geht. „Welche Schlüsse wir jetzt daraus ziehen, können wir direkt nach dem Fest aber noch nicht sagen, das müssen wir noch auswerten.“Ein erster Eindruck habe jedoch die Idee belebt, neben der Marktsonntagsdebatte die Samstage künftig stärker in den Fokus zu rücken. „Hier könnte ich mir immer mal wieder ein spezielles Rahmenprogramm mit Aktionen vorstellen“, so der CIAMann. An diesem Wochenende kam das bei den Besuchern der Augsburger Innenstadt jedenfalls schon mal gut an.