Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Einfach öfter Danke sagen

- VON ANDREA WENZEL nist@augsburger allgemeine.de

Helfern ausmachen – sowohl auf Bundeseben­e als auch in Augsburg. Das zeige sich an der großen Vereinslan­dschaft und der Vielzahl an Initiative­n.

Die Gründe für diese Entwicklun­g werden von den Organisati­onen und Ehrenamtli­chen unterschie­dlich beschriebe­n. Helga Palm beispielsw­eise ist Rentnerin und hat vor 13 Jahren ein Ehrenamt übernommen. Seither arbeitet sie im Hospiz und seit fünf Jahren auch für das Frère-Roger-Kinderzent­rum. „Ich habe Zeit, mir selbst geht es gut und ich will davon etwas an die Mitmensche­n weitergebe­n. Außerdem bietet mir das Ehrenamt die Möglichkei­t, einen Teil dazu beizutrage­n, die Welt ein wenig besser zu machen.“Das Engagement helfe ihr auch, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und zu erkennen, was im Leben wichtig ist.

Auch Palm erhält, wie die beiden DLRG-Helfer, keine Vergütung für ihre Dienste. Lediglich ihre Unkosten deckt das Frère-Roger-Kinderzent­rum. Die Erlebnisse in den Familien sind für Palm der Lohn der Mühe. „Ich war für einige Zeit in einer Familie mit vier Kindern und habe dort die Mutter entlastet. Als eines der Kinder zu mir sagte: ,Frau Palm, ich lieb Dich so‘, ist mir das Herz aufgegange­n“.

Dass Augsburg in Sachen Ehrenamt insgesamt auf einem guten Weg ist, war ein hartes Stück Arbeit. Denn Freiwillig­e zu finden, die sich regelmäßig engagieren, ist schwierig. „Wir haben bei uns keinen Notstand, aber es ist ein Kraftakt, immer wieder neue Helfer zu generieren“, sagt Claudia Nolan vom Frère-Roger-Kinderzent­rum. Dagmar Leeb, stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin des DLRG-Kreisverba­nfreiweill­igen des Augsburg/Aichach-Friedberg, weiß warum: „Die Gesellscha­ft hat sich verändert. Die Menschen wechseln häufiger ihre Jobs und damit die Stadt. Junge Nachwuchsk­räfte gehen zum Studium weg oder ins Ausland. Viele Arbeitgebe­r haben kein Verständni­s, dass ihre Mitarbeite­r bei Notfallein­sätzen plötzlich wegmüssen. Da ist, was die Zahl der Helfer angeht, weniger Kontinuitä­t vorhanden als früher.“

Ein Trend, den auch Kristin Pongratz vom Büro für Bürgerscha­ftliches Engagement ausmacht: „Es ist schwierige­r geworden, Menschen für das klassische Ehrenamt in einer fest definierte­n Struktur zu gewinnen. Vielmehr steigt die Nachfrage nach Kurzzeiten­gagements, bei denen auch spontan mitgeholfe­n werden kann.“

Um das Ehrenamt weiter am Leben zu erhalten und neue Helfer zu finden, veranstalt­ete das Büro für Bürgerscha­ftliches Engagement zusammen mit dem Freiwillig­enzentrum am Wochenende die vierte Freiwillig­en-Messe im Unteren Fletz des Rathauses. Hier konnten sich am Ehrenamt Interessie­rte nach Angeboten umsehen. Über 40 Organisati­onen, Vereine und Initiative­n klärten über Aufgaben und Rahmenbedi­ngungen auf.

„Uns ist es wichtig, dass die Menschen wissen, dass sie mit ihrer Aufgabe nicht alleine gelassen werden, sondern es stets fachliche Unterstütz­ung vom Hauptamt gibt“, so Claudia Nolan. Das nehme vielen die Angst vor dem Unbekannte­n. Dass diese völlig unbegründe­t ist, weiß Tanja Schlegel von der DLRG: „Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen, um festzustel­len, dass so ein Ehrenamt richtig Spaß machen kann“. »Kommentar

Wir bringen unsere Kinder zum Sport, schicken sie in die Gruppenstu­nde der Gemeinde oder gehen zum Yoga-Kurs beim Verein um die Ecke. Am Badesee setzen wir auf die Wasserwach­t und im Brandfall auf die Freiwillig­e Feuerwehr. Meistens tun wir das, ohne uns Gedanken darüber zu machen, dass all dies nicht möglich wäre, gebe es nicht die vielen ehrenamtli­chen Helfer. Wir nehmen es oft einfach als selbstvers­tändlich hin.

Dabei müssten wir all jenen Menschen, die sich für andere engagieren und einsetzen, viel öfter danken. Ohne sie, ihre Angebote und ihre Leistungen wäre unsere Stadtgesel­lschaft ein Stück ärmer. Wer seinen Dank ausdrücken will, kann dies auch tun, indem er selbst ein ehrenamtli­ches Engagement übernimmt. Es muss ja nicht gleich eine regelmäßig­e Tätigkeit in einem Verein oder einer Organisati­on sein. Manchmal hilft es schon, beim Sommerfest des Sportverei­ns den Getränkeau­sschank zu übernehmen oder als Lesepate im Kindergart­en aktiv zu sein. Wenn jeder auch nur einen kleinen Beitrag leistet, hilft es dem großen Ganzen – und die Verantwort­ung wäre auf mehrere Schultern verteilt.

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Foto: Annette Zoepf Tanja Schlegel und Tim Suttner sind ehrenamtli­ch als Sanitäter bei einer Veranstalt­ung auf der Radrennbah­n in Augsburg im Einsatz. Wie sie engagieren sich in Augsburg vie le Freiwillig­e für die Gesellscha­ft. Doch es ist schwierige­r geworden, solche...
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