Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Einfach öfter Danke sagen
Helfern ausmachen – sowohl auf Bundesebene als auch in Augsburg. Das zeige sich an der großen Vereinslandschaft und der Vielzahl an Initiativen.
Die Gründe für diese Entwicklung werden von den Organisationen und Ehrenamtlichen unterschiedlich beschrieben. Helga Palm beispielsweise ist Rentnerin und hat vor 13 Jahren ein Ehrenamt übernommen. Seither arbeitet sie im Hospiz und seit fünf Jahren auch für das Frère-Roger-Kinderzentrum. „Ich habe Zeit, mir selbst geht es gut und ich will davon etwas an die Mitmenschen weitergeben. Außerdem bietet mir das Ehrenamt die Möglichkeit, einen Teil dazu beizutragen, die Welt ein wenig besser zu machen.“Das Engagement helfe ihr auch, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und zu erkennen, was im Leben wichtig ist.
Auch Palm erhält, wie die beiden DLRG-Helfer, keine Vergütung für ihre Dienste. Lediglich ihre Unkosten deckt das Frère-Roger-Kinderzentrum. Die Erlebnisse in den Familien sind für Palm der Lohn der Mühe. „Ich war für einige Zeit in einer Familie mit vier Kindern und habe dort die Mutter entlastet. Als eines der Kinder zu mir sagte: ,Frau Palm, ich lieb Dich so‘, ist mir das Herz aufgegangen“.
Dass Augsburg in Sachen Ehrenamt insgesamt auf einem guten Weg ist, war ein hartes Stück Arbeit. Denn Freiwillige zu finden, die sich regelmäßig engagieren, ist schwierig. „Wir haben bei uns keinen Notstand, aber es ist ein Kraftakt, immer wieder neue Helfer zu generieren“, sagt Claudia Nolan vom Frère-Roger-Kinderzentrum. Dagmar Leeb, stellvertretende Geschäftsführerin des DLRG-Kreisverbanfreiweilligen des Augsburg/Aichach-Friedberg, weiß warum: „Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Menschen wechseln häufiger ihre Jobs und damit die Stadt. Junge Nachwuchskräfte gehen zum Studium weg oder ins Ausland. Viele Arbeitgeber haben kein Verständnis, dass ihre Mitarbeiter bei Notfalleinsätzen plötzlich wegmüssen. Da ist, was die Zahl der Helfer angeht, weniger Kontinuität vorhanden als früher.“
Ein Trend, den auch Kristin Pongratz vom Büro für Bürgerschaftliches Engagement ausmacht: „Es ist schwieriger geworden, Menschen für das klassische Ehrenamt in einer fest definierten Struktur zu gewinnen. Vielmehr steigt die Nachfrage nach Kurzzeitengagements, bei denen auch spontan mitgeholfen werden kann.“
Um das Ehrenamt weiter am Leben zu erhalten und neue Helfer zu finden, veranstaltete das Büro für Bürgerschaftliches Engagement zusammen mit dem Freiwilligenzentrum am Wochenende die vierte Freiwilligen-Messe im Unteren Fletz des Rathauses. Hier konnten sich am Ehrenamt Interessierte nach Angeboten umsehen. Über 40 Organisationen, Vereine und Initiativen klärten über Aufgaben und Rahmenbedingungen auf.
„Uns ist es wichtig, dass die Menschen wissen, dass sie mit ihrer Aufgabe nicht alleine gelassen werden, sondern es stets fachliche Unterstützung vom Hauptamt gibt“, so Claudia Nolan. Das nehme vielen die Angst vor dem Unbekannten. Dass diese völlig unbegründet ist, weiß Tanja Schlegel von der DLRG: „Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen, um festzustellen, dass so ein Ehrenamt richtig Spaß machen kann“. »Kommentar
Wir bringen unsere Kinder zum Sport, schicken sie in die Gruppenstunde der Gemeinde oder gehen zum Yoga-Kurs beim Verein um die Ecke. Am Badesee setzen wir auf die Wasserwacht und im Brandfall auf die Freiwillige Feuerwehr. Meistens tun wir das, ohne uns Gedanken darüber zu machen, dass all dies nicht möglich wäre, gebe es nicht die vielen ehrenamtlichen Helfer. Wir nehmen es oft einfach als selbstverständlich hin.
Dabei müssten wir all jenen Menschen, die sich für andere engagieren und einsetzen, viel öfter danken. Ohne sie, ihre Angebote und ihre Leistungen wäre unsere Stadtgesellschaft ein Stück ärmer. Wer seinen Dank ausdrücken will, kann dies auch tun, indem er selbst ein ehrenamtliches Engagement übernimmt. Es muss ja nicht gleich eine regelmäßige Tätigkeit in einem Verein oder einer Organisation sein. Manchmal hilft es schon, beim Sommerfest des Sportvereins den Getränkeausschank zu übernehmen oder als Lesepate im Kindergarten aktiv zu sein. Wenn jeder auch nur einen kleinen Beitrag leistet, hilft es dem großen Ganzen – und die Verantwortung wäre auf mehrere Schultern verteilt.