Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Es hat sich nicht mehr rentiert“
Geschäftswelt Egon Siwi schließt in Wertingen sein Spielwarengeschäft. Es gibt aber einen Nachfolger
Wertingen Die Gefühle überschlagen sich im Moment bei Egon Siwi. Der 48-jährige Kaufmann habe vor dem Sommerurlaub die Notbremse gezogen und schweren Herzens beschlossen, sein Traditionsgeschäft zu schließen. „Wenn bei deiner Arbeit nichts mehr rauskommt, musst du dir Gedanken machen, wie es weitergeht“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Seit 1. September ist Egon Siwi arbeitslos. 30 Jahre lang hat er Spiele, Leder- und Haushaltswaren verkauft.
„Siwi“am Gänselieselbrunnen, das bedeutete in erster Linie leuchtende Kinderaugen. Kein Weihnachtsfest ohne Puppenwagen oder ferngesteuerte Autos aus dem Hause Siwi. Die Familie war aber auch ein lebendiges Beispiel dafür, wie sich viele Familien in den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren hocharbeiteten – vom Bürstenmacher bis zum Spielwaren- und Lederfachgeschäft. 1962 gehörten die Eltern von Egon Siwi zu jenen Wertingern, die dem Städtchen zu neuem Aufschwung verhalfen. Seit 135 Jahren wurden bei Siwi Bauklötze, Teddys, Bürsten, Besen, Kleidung und Koffer verkauft. Wehmut ist zu spüren, wenn er sagt: „Die Jubiläumsfeier muss jetzt leider ausfallen.“Gleichzeitig sei ein ungeheurer Druck von ihm abgefallen.
Seit zwei Jahren schon setzt das Internet dem Traditionsunternehmen zu. Es warf immer weniger ab, weil der Klick schneller ging als der Gang ins Geschäft. Selbst das für die Branche wichtigste Weihnachtsgeschäft, das über ein Drittel des Jahresumsatzes ausmachte, sei am Ende zusammengebrochen. „Es tut weh“, gibt Siwi zu. Er war Kaufmann durch und durch. Seit er die Schließung am Eingang öffentlich gemacht hat, bekommt er viel Resonanz. Manche Kunden würden ihn verstehen und mitfühlend in den Arm nehmen, erzählt er. Die Erinnerungen machten ihn traurig.
Weil er an seiner Heimatstadt hängt, will er sie selbst nicht hängen lassen. Siwi: „Ich habe einen Nachfolger gefunden.“Ein „sauberer Abgang“sei ihm wichtig gewesen, genauso wie das Fortbestehen der Branche. In Wertingen soll es weiterhin Spiele geben. Die „bunte Vielfalt“, mit der die Stadt und die Wirtschaftsvereinigung gerne wirbt, sei somit bewahrt. Seine Nachfolger kennt er persönlich. Der Familie Krömer aus Schrobenhausen traut Siwi zu, die Geschäfte erfolgreich fortzuführen. Christian Krömer, einer der Geschäftsführer, bestätigte die „freundliche“Übernahme. Wertingen werde die 21. Filiale im süddeutschen Raum sein. Ein Geschäft wie Siwi könne heute nirgends überleben. Krömer: „Zehn Prozent der Läden müssen jährlich schließen.“Das sei kein Wertinger Problem, sondern passiere überall in Deutschland und Europa. Krömer habe sich auf die Situation frühzeitig eingestellt.
Seit 2004 expandiert der Familienbetrieb mit Sitz in Schrobenhausen. Der Kunde profitiere durch den Zusammenschluss in Form von günstigen Angeboten und einem größeren Sortiment. 25000 Artikel im Bereich Spielwaren und Geschenkartikel führt Krömer auch über einen Onlineshop. Spiele könnten bequem von zu Hause bestellt und nach Wunsch angeliefert werden.
Die Neueröffnung ist für Mitte Oktober geplant. Krömer will dann bis zu fünf neue Arbeitsplätze schaffen.