Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jugendliche halten Buben fest und malen ihm Hakenkreuz ins Gesicht
Gericht Der Schulbus wird zum Tatort: Immer wieder malträtieren fünf Jugendliche einen anderen Jungen. Jetzt müssen sie dafür geradestehen. Was ausgegrenzte Schüler tun sollten
Landkreis Augsburg Sie hielten ihn fest, sie schlugen ihn und sie malten ihm sogar ein Hakenkreuz ins Gesicht: Immer wieder hatten es fünf Jugendliche im Januar und Februar auf einen Buben im Schulbus im westlichen Landkreis Augsburg abgesehen. Die Attacken hatten jetzt ein Nachspiel vor Gericht in Augsburg.
Richter Günther Baumann hat die reuigen 15-, 16- und 17-Jährigen, die sich bereits vor der Verhandlung am Jugendgericht in Augsburg bei ihrem Opfer entschuldigt hatten, zu einem Freizeitarrest verurteilt. Außerdem müssen sie wegen der gefährlichen Körperverletzung zu einem Beratungsgespräch zum Thema „Lösung von Konflikten und Gruppendynamik“. Warum sie den Jugendlichen im Schulbus immer wieder malträtiert hatten, kam bei der Verhandlung, die aufgrund des Jugendstrafrechts nicht öffentlich geführt wurde, nicht zur Sprache. Im Fokus standen vielmehr die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft: Dem ausgegrenzten Jugendlichen wurde einmal auf den Rücken und den Nacken geschlagen. Einige Wochen später kam es zu einem weiteren Übergriff. Nun malte ihm einer der Angeklagten ein Hakenkreuz ins Gesicht. Anschließend schlug einer dem Jugendlichen mit der Hand aufs Ohr. Wehren konnte sich das Opfer nicht: Die anderen Angeklagten hielten es nämlich fest.
Attacken wie diese sind übrigens kein Einzelfall: Immer wieder werden Schüler ausgegrenzt. Das kann Beate Sigl, Fachbereichsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe St. Gregor in Wertingen, bestätigen: „Natürlich ist das ein Problem.“Sie erklärt, wie sich gemobbte Jugendliche helfen können: „Zunächst einmal ist es wichtig, mit einer Vertrauensperson darüber zu sprechen.“Egal ob Eltern oder Lehrer: „So lädt der Schü- ler die Verantwortung bei einem Erwachsenen ab“, sagt Sigl.
Um den eigentlichen Konflikt zu lösen, müsse dann das offene Gespräch mit allen Beteiligten gesucht werden, sagt Beate Sigl. Aus diesen Gesprächen könnten dann weitere Informationen gezogen werden: Wie ist die Gruppendynamik, wer füllt welche Rolle aus und wie kommen die negativen Verhaltensmuster zustande?
Neben der Hilfe durch Lehrer gibt es noch ein anderes Angebot: die Jugendarbeiter an den Schulen in Stadt und Land. Sie sind für die präventive Arbeit zuständig, damit es gar nicht erst zu Mobbingfällen kommt. Andreas Knapp von der Jugendhilfe des Landratsamts Augsburg erklärt, welche Ziele verfolgt werden: „Wir wollen die Klassengemeinschaft von Beginn an stärken.“Denn: „So kommt es gar nicht erst zu Ausgrenzung.“Ein Beispiel ist „No Blame Approach“. So heißt das Programm, bei dem der Lehrer eine Gruppe von Schülern auswählt. Sie sollen eine ausgegrenzte Person unterstützen und wieder in die Gemeinschaft bringen.
Dass die Jugendarbeit wichtig ist, zeigt das Beispiel der Realschule Meitingen: Alleine im vergangenen Jahr seien 90 bis 100 Schüler zu ihr gekommen, berichtet Friederike Mayer. Die Jugendarbeiterin sagt: „Für die Schüler sind wir eine wichtige Anlaufstelle.“