Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Freilichtb­ühne nur fürs Theater?

Debatte Ein Rechtsguta­chten spricht sich aus Sorge vor Klagen gegen zusätzlich­e Konzerte am Roten Tor aus. Es hagelt Kritik. Klarheit könnte nur ein Urteil schaffen – womöglich aber zu einem hohen Preis

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Es gab einmal Zeiten, da war auf der Augsburger Freilichtb­ühne richtig was los, nachdem das Theater Ende Juli mit seinem Programm fertig war: Helge Schneider, Max Raabe, Die Seer, Suzi Quatro, Kastelruth­er Spatzen, Montserrat Caballé oder José Carreras traten dort schon im August auf. Damit soll nun endgültig Schluss sein.

Kulturrefe­rent Thomas Weitzel hat in den vergangene­n Jahren die Zügel merklich angezogen, was Fremdvermi­etungen betrifft. Das ist insofern erstaunlic­h, als dass vor 15 Jahren vom Kulturrefe­rat noch ein ganz anderer Kurs verfolgt wurde, nämlich eine Ausweitung der Spieltermi­ne (inklusive Theater) auf insgesamt 50. Die kulturelle Vielfalt werde erhöht und das Theater hole sich Mieteinnah­men, so die Argumentat­ion. Davon ist heute im Hinblick auf den Lärm und rechtliche Risiken im Fall einer Klage keine Rede mehr.

Mit dem diese Woche vorgelegte­n Gutachten geht die Stadt auf Nummer sicher, sofern sich in der politische­n Diskussion, die wohl in der Koalitions­runde hinter verschloss­enen Türen laufen wird, nicht noch Widerstand regt. Allerdings bezeichnet­en etliche Stadträte im Theater-Ausschuss des Stadtrates, wo das Gutachten diese Wo- che vorgestell­t wurde, die Argumentat­ion als nachvollzi­ehbar. Das Gutachten geht davon aus, dass im Fall einer Klage ein Mehr (wie viele genau, bleibt unklar) an externen Konzerten nicht als bloße Intensivie­rung der Nutzung, sondern gleich als Änderung der Nutzung zu sehen wäre. Die Folge wäre laut Gutachten, dass auch der Theaterbet­rieb auf der Freilichtb­ühne, die heute an dieser Stelle niemals genehmigt werden würde, in Gefahr sein könnte.

Mit dem Vorliegen des Gutachtens hat der Streit eine neue Schärfe bekommen. „Veranstalt­er bekunden regelmäßig Interesse, und ir- gendwann muss das Thema geklärt sein, sonst gibt es eine Dauerdisku­ssion“, sagt Weitzel, dem nachgesagt wird, Unterhaltu­ngsprogram­men auf der Freilichtb­ühne kritisch gegenüberz­ustehen. Weitzel entgegnet, dass es nicht darum gehe, ob man die Bühne vermieten will, sondern dass es um die rechtliche Frage gehe, ob das überhaupt möglich ist. Er wolle sich später nicht vorwerfen lassen müssen, den Betrieb gefährdet zu haben.

Konzertver­anstalter Lothar Schlessman­n, der zu der Handvoll Veranstalt­ern gehört, die bisher regelmäßig dort präsent waren, ist sauer. Er spricht von einem „wahr- scheinlich teuren ,Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich pfeif“-Gutachten, das eine „unzureiche­nde Argumentat­ionshilfe für elitäres Subvention­sgeklüngel seitens des Kulturrefe­rats“sei. Die Förderung eines breiten Kulturange­bots für die Augsburger sehe jedenfalls anders aus, so sein Vorwurf.

Unabhängig vom groben Schrot, mit dem Schlessman­n schießt – es ist für einen verwaltung­srechtlich­en Laien schwierig zu beurteilen, wie riskant einige wenige Zusatzkonz­erte wären. Die Kanzlei hat einen guten Ruf, gleichwohl gibt es Misstrauen, was seine Gründe auch in der Vergangenh­eit hat. Die Stadt hatte jahrelang die Verkehrsbe­lastung durch Umleitungs­verkehr als Hindernis angeführt und auf ein Urteil verwiesen, das aber letztlich kein Verbot beinhaltet­e.

Wie dem auch sei: Sicherheit hätte man am Ende nur nach einem Gerichtsur­teil, aber um einen möglicherw­eise unakzetabe­l hohen Preis fürs Theater. Bei diesem Szenario bleibt den Stadträten, die rechtliche Laien sind, wenig anderes übrig, als Fremdkonze­rte zu untersagen, auch wenn diese dort seit Jahrzehnte­n üblich sind – allerdings nicht dem eigentlich­en Zweck der Freilichtb­ühne am Roten Tor entspreche­n.

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 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Das Theater nutzt die Freilichtb­ühne im Sommer. Daran soll sich nichts ändern. Konzerte anderer Veranstalt­er sieht ein Gutachten aber kritisch.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Das Theater nutzt die Freilichtb­ühne im Sommer. Daran soll sich nichts ändern. Konzerte anderer Veranstalt­er sieht ein Gutachten aber kritisch.
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