Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Freilichtbühne nur fürs Theater?
Debatte Ein Rechtsgutachten spricht sich aus Sorge vor Klagen gegen zusätzliche Konzerte am Roten Tor aus. Es hagelt Kritik. Klarheit könnte nur ein Urteil schaffen – womöglich aber zu einem hohen Preis
Es gab einmal Zeiten, da war auf der Augsburger Freilichtbühne richtig was los, nachdem das Theater Ende Juli mit seinem Programm fertig war: Helge Schneider, Max Raabe, Die Seer, Suzi Quatro, Kastelruther Spatzen, Montserrat Caballé oder José Carreras traten dort schon im August auf. Damit soll nun endgültig Schluss sein.
Kulturreferent Thomas Weitzel hat in den vergangenen Jahren die Zügel merklich angezogen, was Fremdvermietungen betrifft. Das ist insofern erstaunlich, als dass vor 15 Jahren vom Kulturreferat noch ein ganz anderer Kurs verfolgt wurde, nämlich eine Ausweitung der Spieltermine (inklusive Theater) auf insgesamt 50. Die kulturelle Vielfalt werde erhöht und das Theater hole sich Mieteinnahmen, so die Argumentation. Davon ist heute im Hinblick auf den Lärm und rechtliche Risiken im Fall einer Klage keine Rede mehr.
Mit dem diese Woche vorgelegten Gutachten geht die Stadt auf Nummer sicher, sofern sich in der politischen Diskussion, die wohl in der Koalitionsrunde hinter verschlossenen Türen laufen wird, nicht noch Widerstand regt. Allerdings bezeichneten etliche Stadträte im Theater-Ausschuss des Stadtrates, wo das Gutachten diese Wo- che vorgestellt wurde, die Argumentation als nachvollziehbar. Das Gutachten geht davon aus, dass im Fall einer Klage ein Mehr (wie viele genau, bleibt unklar) an externen Konzerten nicht als bloße Intensivierung der Nutzung, sondern gleich als Änderung der Nutzung zu sehen wäre. Die Folge wäre laut Gutachten, dass auch der Theaterbetrieb auf der Freilichtbühne, die heute an dieser Stelle niemals genehmigt werden würde, in Gefahr sein könnte.
Mit dem Vorliegen des Gutachtens hat der Streit eine neue Schärfe bekommen. „Veranstalter bekunden regelmäßig Interesse, und ir- gendwann muss das Thema geklärt sein, sonst gibt es eine Dauerdiskussion“, sagt Weitzel, dem nachgesagt wird, Unterhaltungsprogrammen auf der Freilichtbühne kritisch gegenüberzustehen. Weitzel entgegnet, dass es nicht darum gehe, ob man die Bühne vermieten will, sondern dass es um die rechtliche Frage gehe, ob das überhaupt möglich ist. Er wolle sich später nicht vorwerfen lassen müssen, den Betrieb gefährdet zu haben.
Konzertveranstalter Lothar Schlessmann, der zu der Handvoll Veranstaltern gehört, die bisher regelmäßig dort präsent waren, ist sauer. Er spricht von einem „wahr- scheinlich teuren ,Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich pfeif“-Gutachten, das eine „unzureichende Argumentationshilfe für elitäres Subventionsgeklüngel seitens des Kulturreferats“sei. Die Förderung eines breiten Kulturangebots für die Augsburger sehe jedenfalls anders aus, so sein Vorwurf.
Unabhängig vom groben Schrot, mit dem Schlessmann schießt – es ist für einen verwaltungsrechtlichen Laien schwierig zu beurteilen, wie riskant einige wenige Zusatzkonzerte wären. Die Kanzlei hat einen guten Ruf, gleichwohl gibt es Misstrauen, was seine Gründe auch in der Vergangenheit hat. Die Stadt hatte jahrelang die Verkehrsbelastung durch Umleitungsverkehr als Hindernis angeführt und auf ein Urteil verwiesen, das aber letztlich kein Verbot beinhaltete.
Wie dem auch sei: Sicherheit hätte man am Ende nur nach einem Gerichtsurteil, aber um einen möglicherweise unakzetabel hohen Preis fürs Theater. Bei diesem Szenario bleibt den Stadträten, die rechtliche Laien sind, wenig anderes übrig, als Fremdkonzerte zu untersagen, auch wenn diese dort seit Jahrzehnten üblich sind – allerdings nicht dem eigentlichen Zweck der Freilichtbühne am Roten Tor entsprechen.