Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Motiv, die Bluttat und immer mehr Indizien

Verbrechen Was nach sechs Prozesstag­en um den Hirblinger Doppelmord bekannt ist: Das müssen Sie wissen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Hirblingen/Augsburg Jeder Verhandlun­gstag im Prozess um den Hirblinger Doppelmord bringt neue Details ans Licht. Dutzende Zeugen und Experten wurden bereits vor befragt. Weitere folgenden in den kommenden Wochen. 16 Verhandlun­gstage sind am Landgerich­t angesetzt, ein Urteil könnte Anfang Dezember fallen. Was Sie über den erschrecke­nden Fall wissen müssen, haben wir zusammenge­fasst.

Wer ist der Angeklagte?

Er heißt Waldemar N., ist 32 Jahre alt und Nachbar der ermordeten Frauen. Er sitzt seit einem Jahr in Untersuchu­ngshaft. Mit seiner Familie kam er Mitte der 1990er-Jahre aus Kasachstan nach Deutschlan­d.

Hat er Vorstrafen?

Nein.

Was wird ihm vorgeworfe­n?

Laut Staatsanwa­ltschaft soll er seine beiden Nachbarinn­en Elke W. und Beate N. am Freitag, 9. Dezember 2016, in deren Wohnung ermordet haben. Er soll die Leichen dann im Fahrzeug von Beate N. an die Schmutter gefahren und dort verscharrt haben. Ihm wird außerdem vorgeworfe­n, mit den EC-Karten und den entspreche­nden Geheimnumm­ern der beiden Frauen an mehreren Bankautoma­ten Geld abgehoben zu haben

Wo wurden die Frauen gefunden?

Sie lagen in einem Erdloch unweit der Kläranlage nordwestli­ch von Hirblingen. Es befand sich wenige Meter vom Schmutter-Ufer entfernt. Das abseits gelegene Gelände ist nachts unbeleucht­et und kaum einsichtig.

Was war die Tatwaffe?

Zwei Küchenmess­er. Sie sollen spitz und scharf gewesen sein und wurden in der Wohnung von Waldemar N. gefunden.

Wie kam der mutmaßlich­e Mörder ins Haus des lesbischen Pärchens?

Waldemar N. hatte einen Schlüssel für die Wohnung – er und seine Mutter hatten regelmäßig die Katzen der Nachbarinn­en versorgt. Schon als Bub ging Waldemar N. zu den Frauen, wovon ein Kinderanhä­nger an dem Schlüssel zeugt. Das nachbarsch­aftliche Verhältnis zwischen den Familie und den beiden Frauen war sehr gut. Das bestätigte die Mutter von Waldemar N. in der Verhandlun­g.

Wie spielte sich die Tat ab?

Die Frage lässt sich nicht klar beant- worten und gab den Ermittlern bis zuletzt Rätsel auf. Laut Staatsanwa­ltschaft kam Waldemar N. am Morgen des 9. Dezember in die Wohnung und überrascht­e dort die Frauen. Beate N. soll gerade auf dem Sprung gewesen sein – sie war offenbar für die Abfahrt zur Arbeit gekleidet. Der 32-Jährige soll die Frauen gezwungen haben, ihm die Geheimnumm­ern für mehrere ECKarten zu geben. Getötet wurden beide Frauen durch dutzende Messerstic­he.

Gibt es ein Motiv?

Habgier. Laut Staatsanwa­ltschaft soll Waldmar N. finanziell­e Schwierigk­eiten gehabt haben, die Frauen waren dagegen vermögend. Der Mutter soll eine der beiden Frauen angeblich gesagt haben, dass sie eine Erbschaft erwartet.

Welche Indizien gibt es, die gegen Waldemar N. sprechen?

Laut den Ermittlern soll es DNASpuren der beiden Frauen an den Tatwaffen geben. Seine DNA-Spuren wurden auch im braunen Peugeot der Opfer sichergest­ellt. Auch molekularg­enetische Spuren wurden entdeckt. Ein weiteres Indiz ist ein Hausschlüs­sel von Waldemar N. und ein Spaten, die sich unweit des Leichen-Fundorts befanden. Die Quittung über den Kauf des Spatens im Gersthofer Bauhaus lag im Auto von Waldemar N. Dort fand sich unter einer Fußmatte auch Bargeld in Höhe von mehreren tausend Euro. Nach dem Doppelmord soll er an Bankautoma­ten Geld abgehoben haben – davon gibt es Bilder. Auch in der Spielbank Garmisch war er, was zweifelsfr­ei belegt ist.

Wer ist „Ingrid“?

So soll die Frau heißen, mit der Waldemar N. nach dem Mord einige Tage verbracht haben will. Ein SexTreffen – die Identität der Frau wollte er gegenüber der Polizei aber nicht preisgeben. Das Passwort für das Online-Portal hatte er vergessen.

Wer leitet die Verhandlun­g am Landgerich­t?

Susanne Riedel-Mitterwies­er. Sie hat den Vorsitz am Augsburger Schwurgeri­cht. Sie war mit etlichen spektakulä­ren Fällen betraut, wie der medienträc­htigen Strafsache um den Tod von Ursula Hermann. Staatsanwä­ltin ist Martina Neuhierl, neben ihr sitzt in der Verhandlun­g Marion Zech. Die Anwältin vertritt zwei Schwestern von Elke W. als Nebenkläge­rinnen.

Wer sind die Verteidige­r?

Walter Rubach und Hansjörg Schmid. Der renommiert­e Anwalt Rubach vertrat zuletzt den Ex-Abgeordnet­en Linus Förster. Es gab kaum ein spektakulä­res Verfahren in den vergangene­n 35 Jahren im Großraum Augsburg, an dem Rubach nicht beteiligt war.

Welche Strategie verfolgen die Verteidige­r?

Am vierten Prozesstag warfen Rubach und Schmid der Polizei grobe Fehler vor. Die sollen dazu führen, dass verschiede­ne Beweismitt­el in bei der Urteilsfin­dung nicht verwertet werden können.

Warum schweigt der Angeklagte?

Eine nicht seltene Situation am Strafgeric­ht – der Angeklagte äußert sich nicht. Das ist sein gutes Recht und darf ihm nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Nichts zu sagen, kann viele Gründe haben.

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 ?? Foto: Marcus Merk ?? Seit seiner Festnahme sitzt der mutmaßlich­e Doppelmörd­er von Hirblingen, Waldemar N. in Untersuchu­ngshaft. Er soll seine beiden Nachbarinn­en getötet haben, um an ihr Geld zu kommen. Ins Augsburger Landgerich­t wird er in Handschell­en geführt.
Foto: Marcus Merk Seit seiner Festnahme sitzt der mutmaßlich­e Doppelmörd­er von Hirblingen, Waldemar N. in Untersuchu­ngshaft. Er soll seine beiden Nachbarinn­en getötet haben, um an ihr Geld zu kommen. Ins Augsburger Landgerich­t wird er in Handschell­en geführt.

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