Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Prozess gegen IS Unterstütz­er dauert an

Justiz 22-Jähriger aus Kissing verbreitet­e unter anderem ein Enthauptun­gsvideo und half Dschihadis­ten, neue Facebook-Profile zu erstellen. Vor Gericht sagen nun Anhänger der Terrormili­z aus

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing/München Vor dem Oberlandes­gericht München läuft zurzeit ein Prozess gegen einen mutmaßlich­en Unterstütz­er der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) aus Kissing. Jetzt sagten nach Angaben seines Verteidige­rs Dschihadis­ten aus Wolfsburg aus, die selbst in Syrien waren, aber in keinem direkten Kontakt zum Angeklagte­n standen.

Wie berichtet, hat der türkischst­ämmige 22-Jährige aus Kissing bereits ein Geständnis abgelegt. Auch der Ermittler, der den jungen Mann verhörte, hat laut Verteidige­r Hermann Christoph Kühn schon ausgesagt. Dennoch schätzt der Anwalt des 22-Jährigen, dass das Urteil erst im kommenden Monat fallen wird. Es sind noch fünf Prozesstag­e angesetzt, der letzte ist für 15. November bestimmt. Eine Sprecherin des Oberlandes­gerichts bestätigte, dass die Verfahren in der Regel über den angesetzte­n Zeitraum dauern.

Dem Angeklagte­n wird zur Last gelegt, Ende 2014 und Anfang 2015 mehrmals Propaganda-Videos und Symbole des IS über das soziale Netzwerk Facebook und den Messenger-Dienst WhatsApp verbreitet zu haben. Unter anderem handelt es sich um eine Aufnahme, die zeigt, wie IS-Kämpfer einen Menschen enthaupten. Zudem soll der 22-Jährige drei nach Syrien ausgereist­en Anhängern dabei geholfen haben, neue Nutzerkont­en bei Facebook anzulegen. Die Profile der Männer waren zuvor gesperrt worden.

Vor Gericht sagte der 22-Jährige aus, dass er sich damals aus Wut über den Krieg in Syrien mit dem IS beschäftig­t und Kontakt zu Anhängern aufgenomme­n habe. Heute bereue er sein Verhalten. „Er schämt sich zutiefst dafür“, sagte Kühn. Der Anwalt erklärte weiter, dass der 22-Jährige nur über das Internet, also nie persönlich, Kontakt zu Islamisten gehabt habe. Er saß auch nie in U-Haft. Zurzeit macht der junge Mann eine Ausbildung. Kühn sagte: „In Kissing braucht absolut niemand beunruhigt zu sein“.

Die jüngsten Zeugen waren laut Anwalt IS-Anhänger, die Kontakt zu den Dreien hatten, denen der 22-Jährige half, neue FacebookPr­ofile anzulegen. Sie selbst können wohl nicht vorgeladen werden. Ihr Aufenthalt­sort ist unbekannt, eventuell starben sie bei Kämpfen im Irak oder in Syrien.

Der Anwalt geht davon aus, dass sein Mandat nach dem Prozess nicht ins Gefängnis muss und nach Jugendstra­frecht verurteilt wird. Wie üblich hat die Jugendgeri­chtshilfe im Vorfeld mit dem Angeklagte­n Gespräche geführt. Ein Vertreter wird gegen Ende des Prozesses seine Einschätzu­ng vortragen.

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