Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bäume müssen Neubau weichen
Natur Warum wegen eines Bürogebäudes in der Holbeinstraße voraussichtlich 14 Bäume gefällt werden müssen. Der Umweltreferent fordert Ersatzpflanzungen und Ausgleichszahlungen im Baubescheid
Noch ist die Holbeinstraße ein sehr grüner innerstädtischer Straßenzug. Wegen eines neuen Bauvorhabens droht nun aber ein massiver Baumverlust. Das Amt für Grünordnung kommt zu dem Ergebnis, dass elf Bäume auf dem Grundstück und drei Straßenbäume gefällt werden müssen, wenn die Stadt das Bauvorhaben der Firma Bäko genehmigt.
Auf einem derzeit unbebauten Areal in der Holbeinstraße soll ein fünfgeschossiges Bürogebäude mit Tiefgarage errichtet werden. Bauherr ist Bäko, ein genossenschaftlicher Großhandel für Bäcker und Konditoren. Wegen der vorhandenen Bäume auf dem Grundstück gab es in den vergangenen Monaten mehrere Gespräche zwischen Stadt und Investor. Die Planungen wurden nachgebessert. Eine Baumgruppe im Nordwesten soll durch ein Zurücksetzen des Tiefgaragengeschosses erhalten werden. Im unmittelbaren Umfeld des geplanten Gebäudekomplexes stehen aber gegenwärtig 20 Bäume. Davon müssen laut Grünamtsleiterin Anette Vedder elf Bäume gefällt werden, wenn der Neubau genehmigt wird, außerdem drei benachbarte Linden an der Holbeinstraße. Der Bauausschuss hat dem Vorhaben bereits zugestimmt. Der Baubescheid der Verwaltung steht aber noch aus, denn die Fällungen sind zum politischen Streitfall geworden.
Laut Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) wurden für das Bauvorhaben von Bäko auf der Südseite der Holbeinstraße zwei Planvarianten vorgelegt: Die erste hätte auf dem Baugrundstück zum Verlust fast aller Großbäume entlang der Holbeinstraße geführt. Sie wurde daher von der Unteren Naturschutzbehörde abgelehnt. Der zweite Plan sieht eine Verkleinerung der Tiefgarage vor. Aber auch bei dieser Variante reicht die Baugrube sehr dicht an den Wurzelschutzbereich einiger Bäume heran. Weil die erhaltenswerten Bäume schon Vorschädigungen aufweisen, sei mit einer hohen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass auch sie gefällt werden müssen, so die städtischen Grünexperten. Dazu kommt noch ein weiteres Problem. Sollten die Bäume auf dem Grundstück wegfallen, hätte dies sehr negative Auswirkungen auf drei Straßenbäume auf der Südseite der Holbeinstraße. Auch sie wären gefährdet. Sie stehen sozusagen im Windschatten der „Bäko-Bäume“und haben sich sehr einseitig zur Straße entwickelt. Werden die „Bäko-Bäume“gefällt, stehen die Straßenbäume schutzlos da, so Vedder. Sie sind dann nicht mehr verkehrssicher und müssen ebenfalls gefällt werden.
Der Naturschutzbeirat hat die Bebauung des Bäko-Grundstücks in der bisher vorliegenden Antragsvariante abgelehnt und eine Bauausführung unter Erhalt aller Bäume gefordert. In den Stellungnahmen zum Bauantragsverfahren hat auch die Untere Naturschutzbehörde das Vorhaben abgelehnt. Es sei nicht mit den Belangen des Baumschutzes vereinbar. Wie Vedder am Mittwoch im Umweltausschuss berichtete, hätte ein großer Teil der Bäume erhalten werden können, wenn das Bauvorhaben um etwa zehn bis 13 Meter zurück versetzt worden wäre. Vom Bauherrn und von der Bauverwaltung sei aber nicht erwünscht, die vorgesehene Baulinie zu verändern.
Das Amt für Grünordnung kommt zu dem Ergebnis, dass damit im Bereich der Holbeinstraße ein wertvoller Teil des Baumbestandes verloren gehen wird, darunter Linden, Kastanien und Buchen. Deshalb müsse eine komplette Neuordnung des Grünbereichs diskutiert werden. Umweltreferent Erben will, dass im Baubescheid mehr Neupflanzungen als Ausgleich für die Fällungen vorgeschrieben werden – insgesamt 24 Bäume. Eine entsprechende Stellungnahme soll ans Bauordnungsamt gehen. Das Problem ist jedoch, dass voraussichtlich nicht alle neuen Bäume auf dem Grundstück und an der Straße unterzubringen sind. „Es wird eine Mischung aus Ersatzpflanzungen und Ausgleichszahlungen geben“, so der Referent.
Gabriele Thoma (SPD) kritisierte, dass Baurecht einen höheren Stellenwert habe als der Baumschutz. Christian Moravcik (Grüne) hätte sich gewünscht, dass eine an- dere Baulinie durchgesetzt worden wäre. Christian Pettinger (ÖDP) sprach von einem „Fiasko“. Denn auch an der gerade neu hergerichteten Holbeinstraße sei nicht genügend Platz, um gleichwertige Ersatzbäume nachzupflanzen. Die Vorgehensweise bei Bauvorhaben müsse grundlegend verbessert werden, um den vorhandenen Baumbestand frühzeitig besser zu schützen. Ähnlich sieht es auch Vedder: „Wenn man den Prozess optimieren will, müssen ganz am Anfang die Grundlagen gelegt werden, wie mit Bäumen umgegangen wird“.