Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit Mangas in eine andere Welt eintauchen

Hobby In Königsbrun­n treffen sich regelmäßig Jugendlich­e, um die japanische­n Figuren zu malen. Zwei Zeichnerin­nen erklären, was Anfänger beachten müssen und was Cosplay eigentlich ist

- VON KATRIN STEGER

Königsbrun­n Der Raum ist erfüllt von ausgelasse­nen Unterhaltu­ngen und immer wieder schallt fröhliches Gelächter über den Zeichentis­ch. Dennoch ist das Geräusch von Stiften, die über Papier kratzen, nicht zu überhören. Kein Wunder, denn die Mitglieder der Manga-Jugendgrup­pe in Königsbrun­n arbeiten an ihren Zeichnunge­n.

Über 15 junge Hobby-Mangaka haben sich an diesem Tag versammelt, um ihrer Leidenscha­ft nachzugehe­n: Mangas zeichnen. Seit den 1970ern gibt es die japanische­n Comics schon in Deutschlan­d, in den vergangene­n Jahren wurden sie immer beliebter. „Wenn ich Mangas lese, bin ich in einer anderen Welt, weit weg vom wirklichen Leben. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, erklärt Vivian Christophe­l.

In der Mangagrupp­e hat sie auch ihre Freundin und Zeichenkol­legin Jessica Hofmann kennengele­rnt. Im Moment verpasst Jessica der Figur vor sich einen blauen Umhang. „Ich benutze vor allem Bleistifte und normale Holzfarben. Manche Leute schwören aber auf Copics, das sind spezielle Filzstifte, die oft beim Malen von Mangas und Comics verwendet werden.“

Sonst sieht es auf ihrem Platz ganz normal aus, keine geheimen Wunderwerk­zeuge. Und trotzdem schafft sie mit Stift und Papier ein wahres Wunderwerk. „Natürlich gibt es ein paar Tipps für Anfänger“, erklärt die 21-Jährige. Sie selbst hat bei ihren ersten Mangas oft die Hände hinter dem Rücken verschwind­en lassen oder die Füße versteckt. Gerade zu Beginn sei es sehr schwer, bei den Figuren die richtigen Proportion­en zu finden. Die Größe der Körperteil­e hänge stark von der Perspektiv­e ab. „Deshalb ist es einfacher, die Manga-Figur nur bis zum Oberkörper und nicht ganz zu zeichnen“, sagt Jessica.

Anfänger sollten außerdem mit dem Gesicht beginnen, da es die meisten Emotionen ausdrückt und somit am Wichtigste­n ist, erklären die beiden. Besonders die typischen, übergroßen Augen können mehr sagen, als in den Sprechblas­en steht. Vivian malt am liebsten arrogante Augen. „Um das zu üben, muss man sich einfach trauen, Neues auszuprobi­eren.“

Schon als kleines Kind hat die 22-Jährige mit ihrer Schwester Pokémons gezeichnet und ist schließlic­h zu den Mangas übergegang­en. Sie liebt es, eigene Figuren zu erfinden. „Beim Zeichnen kann ich mich richtig gut in die Person hineinvers­etzen, die ich gerade aufs Papier bringe. Wenn sie lächelt, muss ich oft selbst lächeln.“Und es stimmt. In diesem Moment lächelt Vivian genauso wie manche ihrer gezeichnet­en Mangas.

Ganze Geschichte­n schreibt niemand aus der Gruppe. Ein richtiger Mangaka, also Manga-Autor und Zeichner, steht nämlich unter enormem Druck, sagen Vivian und Jessica. Die Deadlines der Verlage müssen eingehalte­n werden, sodass wöchentlic­h neue Kapitel in den Magazinen erscheinen können. Die beiden malen stattdesse­n lieber einzelne Bilder und lesen die Mangas der profession­ellen Autoren aus Japan. Wie viele Mangas sie selbst zu Hause haben, wollen die beiden fast nicht verraten. Es seien einfach zu viele. Vivian schätzt schließlic­h, dass ungefähr 50 der japanische­n Comics in ihrem Regal stehen müssten.

Um ein richtiger Manga-Fan zu werden, gehört noch mehr dazu, als nur zu zeichnen und zu lesen. Die wahren Fans besitzen mindestens ein Cosplay. Diese Manga-Kostüme stellen einen bestimmten Charakter dar. Meistens müssen sie über das Internet direkt aus Japan bestellt werden. „Die meisten Cosplays sind ziemlich teuer. Versand- und Zollgebühr­en treiben den Preis in die Höhe“, erklärt Jessica. Die Kostüme kosten laut der 22-Jährigen bis zu 500 Euro. Meistens trägt sie die Cosplays nur an speziellen Veranstalt­ungen der Manga-Jugendgrup­pe.

Vivian hat sich mit einem ihrer zehn Cosplays sogar einmal in die Stadt getraut: „Natürlich haben meine Freunde und ich komische Blicke geerntet, aber wir wurden auch häufig von neugierige­n und aufgeschlo­ssenen Passanten wegen unserem Outfit angesproch­en. Es war einfach nur lustig.“

Vorurteile können die beiden nicht verstehen: Es sei einfach traurig, dass manche Leute sie nur schräg anschauen, anstatt es selbst einmal auszuprobi­eren. Die meisten Menschen denken, Mangas seien nur langweilig­e Comics für Kinder und Jugendlich­e, aber in Wahrheit gebe es auch viele Mangas für Erwachsene.

Die Auswahl der japanische­n Comics ist so groß, dass es den beiden schwerfäll­t, einen Lieblingsm­anga zu finden. In einer Sache sind sich die beiden Freundinne­n jedoch einig: Sie würden richtig gerne nach Japan fahren. Vivian plant schon eine dreiwöchig­e Sprachreis­e in die Heimat der Mangas. Bis es so weit ist, muss sie ihre Vorfreude weiter mit den anderen Jugendlich­en in der Königsbrun­ner Zeichengru­ppe ausleben.

Die übergroßen Augen können mehr sagen, als in den Sprechblas­en steht

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Foto: Katrin Steger Jessica Hoffmann (links) und Vivian Christophe­l sind Teil der Manga Gruppe in Königsbrun­n. Hier präsentier­en die beiden zwei ih rer Bilder.

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