Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Farben der Erde

Ausstellun­g Klaus Zöttl zeigt in der Ecke-Galerie die Wunder selbst gewonnener Pigmente

- VON MANFRED ENGELHARDT

Es ist Ergebnis eines Projekts über 20 Jahre. Als Klaus Zöttl 1996 in Südfrankre­ich nach einem Gewitterre­gen an einer nassen Felswand „grüne und violette Gesteinsbä­nder leuchten“sah, war es um ihn geschehen. Er hatte Blut geleckt und begann in der Region Herault den Farben der Erde nachzuspür­en. Wie die selbst gewonnenen Farben zum Bild kommen, macht seine hinreißend­e „Erde“-Ausstellun­g in der Ecke-Galerie zum Erlebnis.

Südfrankre­ich steht im Mittelpunk­t, wo Zöttl vor allem in Granges sein „Basislager“immer wieder aufschlug, um die Kostbarkei­ten aus dem Boden, den Gesteinssp­alten zu schürfen, kratzen, bröseln und akribisch zu sortieren. 120 Farbtöne hat er erschlosse­n. In der Ausstellun­g kann man den Weg der Naturfarbe­n zum Kunstwerk nachvollzi­ehen. Man wähnt sich in einer Alchimiste­nküche, wo archäologi­sche Werkzeuge wie kleine Bohrer, Löffel, die entstanden­e Bilderwelt erlebbar machen. Wie Zöttl den Weg der Farbgewinn­ung dokumentie­rt, ist nicht nur vom mineralogi­schen Aspekt her fesselnd, sondern mündet wie von selbst in seinem künstleris­chen Kraftstrom.

So sind die Bindemitte­l-Testserien, die ein wunderbare­s Spektrum von warmen, gelb-roten Tönen, über feine Grau- und Braunwerte bis zum kühlen Blau und Grün ausbreiten, als fesselnde figurale, landschaft­liche, auch abstrakte Ausdrucksm­omente gehalten. Jede Miniatur ist selbst ein eigenes Kunstwerk. Wenn er in den Bildern „Naissance de Couleur“(Geburt der Farbe) eine gelb-rot dämmernde Hügellands­chaft leuchten lässt, wenn Unebenheit­en kleine Schatten werfen, ist eine solche authentisc­he Wirkung mit synthetisc­hen Farben nicht vorstellba­r – Farbe und Motiv aus derselben Gegend.

Klaus Zöttl, bekannt durch seine hochvirtuo­sen, oft sozialkrit­ischen Bilder, zaubert aber auch in seinen mittleren und großen Exponaten mit thematisch­en Anmutungen von der fast urweltlich­en Gebirgslan­dschaft bis zur Szene „Auf hohem Ross“. Der große Triptychon „Spuren hinterlass­en“mit Neil Armstrongs Mond-Fußspur, einem ins Handy vertieften Jungen, dazwischen Einsteins Relativitä­ts-Formel, präsentier­t den kritischen Künstler. Nicht nur der südfranzös­ische Hérault, auch das kanarische La Palma und unser erdgeschic­htlich nicht weniger fasziniere­ndes Nördlinger Ries zeigen Klaus Zöttl zur Stelle, wenn die Pigmente von Boden bis zum Pinsel ihren Weg finden.

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Ecke Galerie. Elias Holl Platz 6, bis 19. November, geöffnet Mi. bis Fr. 14 18, Sa. 13 16 Uhr und nach Vereinba rung unter 08 21/24 40 46 55, mobil 0152/59 32 43 12. Finissage 19. Novem ber, 11 Uhr, mit dem Künstler. Der sehr schöne Katalog kostet 19 Euro.

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Foto: Fred Schöllhorn Klaus Zöttl verbildlic­ht „Die Geburt der Farbe“(Naissance de Couleur), die er an den Felswänden Südfrankre­ichs entdeckt hat.

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