Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zwischen Kunst und Kriminellen
Porträt Friedhelm Kirchhoff war über 22 Jahre Direktor der Justizvollzugsanstalt Kaisheim. Was er mit einem Motorradklub zu tun hat
Kaisheim Friedhelm Kirchhoff gilt als Mensch, der seine Worte mit Bedacht wählt und stets höflich ist. Er besucht gerne Konzerte, singt im evangelischen Kirchenchor in Donauwörth und engagiert sich bei der Kleinkunstbühne Thaddäus in Kaisheim. Fast könnte man meinen, es handelt sich um eine Persönlichkeit, die ausschließlich den schönen Dingen des Lebens zugetan ist. Doch in den vergangenen Jahrzehnten hatte Kirchhoff beruflich mit einem ganz anderen Klientel zu tun: mit Dieben, Betrügern, Drogenhändlern, Räubern und auch Mördern. Die sind beziehungsweise waren in den Justizvollzugsanstalten Kaisheim, Neuburg, Eichstätt und Ingolstadt eingesperrt. Kirchhoff war über 22 Jahre Direktor dieser Gefängnisse. Nun ist Schluss. Der 65-Jährige hat seinen letzten Arbeitstag hinter sich und geht in Pension – Zeit, sich mit dem leitenden Regierungsdirektor darüber zu unterhalten, was er so alles erlebt hat, was ihm Sorgen bereitet und woran er sich gerne erinnert.
Kirchhoff, der in Halle/Saale geboren wurde und dessen Familie 1953 nach Westdeutschland flüchtete, wuchs in Erlangen und Bonn auf, wo er auch sein Abitur machte. Freunde animierten ihn, nach Bayern zu kommen. Hier war er bei der Bundeswehr, studierte in München Jura und fing 1980 im Strafvollzug an. 1982 trat er seinen Dienst in der JVA Bernau an, war nach der Wende zwischendurch (1991) ein dreiviertel Jahr im sächsischen Justizministerium in Dresden tätig und bewarb sich dann – zu diesem Zeitpunkt war er stellvertretender Leiter in Bernau – für die Chefstelle in Nordschwaben.
Dass er diese bekam, sei ein „Glücksfall“für ihn gewesen: „Ich konnte gleich eine große Anstalt übernehmen.“Hinzu kam, dass sich ein erheblicher Teil der JVA Kaisheim in historischem Gemäuer befindet. Dies bringe für den Strafvollzug zwar einige Nachteile mit sich, die Arbeitsatmosphäre sei aber unvergleichbar, so der kunstinteressierte Direktor: „Das ist eines der schönsten Gefängnisse in Bayern.“
Während der Amtszeit Kirchhoffs änderte sich in Kaisheim und den anderen, deutlich kleineren Anstalten, für die erst zuständig war, einiges. In Kaisheim sei der Bau von zwei Zellentrakten wichtig für die Fortentwicklung der JVA gewesen. Sie hätten auch die Basis für die sozialtherapeutischen Abteilungen gebildet. In denen werden Sexual- beziehungsweise Gewaltstraftäter betreut. Diese Einrichtungen sorgten dafür, dass die Zahl der Mitarbeiter seit 1995 von 223 auf 273 stieg.
Seiner Leidenschaft für die schönen Dinge des Lebens kann er nun im Ruhestand verstärkt frönen. Dazu gehört, dass sich Kirchhoff auf sein Motorrad schwingt. Denn er ist auch – da merken sicher manche „schwere Jungs“auf – Präsident eines Motorradklubs, wenn auch eines recht exklusiven: Er führt den Internationalen Freundeskreis der motorradfahrenden Rotarier in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Eine Kutte haben wir nicht“, sagt der Präsident schmunzelnd. Immerhin seien rund 450 Mitglieder zu betreuen.