Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Drogen unter Briefmarke versteckt
Gericht Ein Ex-Häftling versucht, frühere Mitgefangene in Kaisheim mit Rauschgift zu versorgen. Das fliegt aber auf
Kaisheim/Nördlingen Eigentlich soll ein Gefängnis ein hermetisch abgeschotteter Bereich sein, aus dem niemand flüchten kann und in den nichts unbemerkt gelangt. Während Ausbrüche in den vergangenen Jahren durch moderne Überwachungstechnik so gut wie unmöglich geworden sind, hat die Justiz das andere Problem bislang nicht in den Griff bekommen. Regelmäßig gelangen Drogen in die Justizvollzugsanstalten, so auch in Kaisheim. Die Wege sind vielfältig, der Kreativität scheinen keine Grenzen gesetzt. Doch manchmal gehen solche Aktionen schief.
So geschehen im März 2017. Da bemerkte ein Beamter, der die in der JVA Kaisheim eingegangene Post überprüfte, auf einem an einen Gefangenen adressierten Brief etwas Verdächtiges: Die Briefmarke wölbte sich „relativ auffällig“. Der Bedienstete schaute genauer nach – und entdeckte unter dem Postwertzeichen ein weißes Pulver. Dieses wurde untersucht. Ergebnis: Es handelte sich um Subotex, einen Drogenersatzstoff.
Der Absender des Briefs stand nun vor dem Amtsgericht Nördlingen. Er war ermittelt worden, obwohl er einen Fantasienamen auf dem Schreiben vermerkt hatte. Denn der 30-Jährige hatte einen folgenschweren Fehler begangen: Spezialisten des Landeskriminalamts entdeckten auf der Briefmarke zwei Fingerabdrücke. Die führten zu dem Mann aus Ansbach. Der war Polizei und Justiz bereits bestens bekannt. Immerhin elf Vorstrafen standen für den 30-Jährigen zu Buche.
Der kam nach eigenen Angaben mit 15 Jahren erstmals mit Rauschgift in Kontakt. Erst kiffte er, dann konsumierte er immer härtere Drogen bis hin zu Heroin. Mehrmals musste der Mann ins Gefängnis, unter anderem wegen Rauschgifthandels, Bedrohung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Zuletzt saß der Angeklagte bis Februar 2017 in der JVA Kaisheim. Dort hätten ihm Mitgefangene noch gesagt, er solle doch mal „was reinschicken“.
Dass er dieser Bitte dann tatsächlich nachkam, gab er vor Gericht unumwunden zu: „Ich habe einen Fehler gemacht.“Des Weiteren beteuerte er, endlich von den Drogen loskommen zu wollen. Er suche regelmäßig eine Beratungsstelle auf. In deren Bericht heißt es, der Mann sei zwar motiviert, schaffe es aber nicht, abstinent zu bleiben. Man plane deshalb mit ihm eine stationäre Therapie. Vor einer Strafe bewahrte ihn dies nicht.
Richterin Andrea Eisenbarth verurteilte – wie vom Staatsanwalt gefordert – den 30-Jährigen wegen der versuchten vorsätzlichen Abgabe von Betäubungsmitteln zu einer Haftstrafe von weiteren drei Monaten.
In ihrem Urteil stellte Eisenbarth fest, dass der Mann die Straftat aufgrund von Drogenabhängigkeit begangen habe. Dadurch hat der 30-Jährige eine Chance, den erneuten Gang ins Gefängnis doch noch abzuwenden. Sollte es ihm gelingen, die Sucht zu überwinden, könnte er am Ende mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.