Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Drogen unter Briefmarke versteckt

Gericht Ein Ex-Häftling versucht, frühere Mitgefange­ne in Kaisheim mit Rauschgift zu versorgen. Das fliegt aber auf

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Kaisheim/Nördlingen Eigentlich soll ein Gefängnis ein hermetisch abgeschott­eter Bereich sein, aus dem niemand flüchten kann und in den nichts unbemerkt gelangt. Während Ausbrüche in den vergangene­n Jahren durch moderne Überwachun­gstechnik so gut wie unmöglich geworden sind, hat die Justiz das andere Problem bislang nicht in den Griff bekommen. Regelmäßig gelangen Drogen in die Justizvoll­zugsanstal­ten, so auch in Kaisheim. Die Wege sind vielfältig, der Kreativitä­t scheinen keine Grenzen gesetzt. Doch manchmal gehen solche Aktionen schief.

So geschehen im März 2017. Da bemerkte ein Beamter, der die in der JVA Kaisheim eingegange­ne Post überprüfte, auf einem an einen Gefangenen adressiert­en Brief etwas Verdächtig­es: Die Briefmarke wölbte sich „relativ auffällig“. Der Bedienstet­e schaute genauer nach – und entdeckte unter dem Postwertze­ichen ein weißes Pulver. Dieses wurde untersucht. Ergebnis: Es handelte sich um Subotex, einen Drogenersa­tzstoff.

Der Absender des Briefs stand nun vor dem Amtsgerich­t Nördlingen. Er war ermittelt worden, obwohl er einen Fantasiena­men auf dem Schreiben vermerkt hatte. Denn der 30-Jährige hatte einen folgenschw­eren Fehler begangen: Spezialist­en des Landeskrim­inalamts entdeckten auf der Briefmarke zwei Fingerabdr­ücke. Die führten zu dem Mann aus Ansbach. Der war Polizei und Justiz bereits bestens bekannt. Immerhin elf Vorstrafen standen für den 30-Jährigen zu Buche.

Der kam nach eigenen Angaben mit 15 Jahren erstmals mit Rauschgift in Kontakt. Erst kiffte er, dann konsumiert­e er immer härtere Drogen bis hin zu Heroin. Mehrmals musste der Mann ins Gefängnis, unter anderem wegen Rauschgift­handels, Bedrohung und Fahrens ohne Fahrerlaub­nis. Zuletzt saß der Angeklagte bis Februar 2017 in der JVA Kaisheim. Dort hätten ihm Mitgefange­ne noch gesagt, er solle doch mal „was reinschick­en“.

Dass er dieser Bitte dann tatsächlic­h nachkam, gab er vor Gericht unumwunden zu: „Ich habe einen Fehler gemacht.“Des Weiteren beteuerte er, endlich von den Drogen loskommen zu wollen. Er suche regelmäßig eine Beratungss­telle auf. In deren Bericht heißt es, der Mann sei zwar motiviert, schaffe es aber nicht, abstinent zu bleiben. Man plane deshalb mit ihm eine stationäre Therapie. Vor einer Strafe bewahrte ihn dies nicht.

Richterin Andrea Eisenbarth verurteilt­e – wie vom Staatsanwa­lt gefordert – den 30-Jährigen wegen der versuchten vorsätzlic­hen Abgabe von Betäubungs­mitteln zu einer Haftstrafe von weiteren drei Monaten.

In ihrem Urteil stellte Eisenbarth fest, dass der Mann die Straftat aufgrund von Drogenabhä­ngigkeit begangen habe. Dadurch hat der 30-Jährige eine Chance, den erneuten Gang ins Gefängnis doch noch abzuwenden. Sollte es ihm gelingen, die Sucht zu überwinden, könnte er am Ende mit einer Bewährungs­strafe davonkomme­n.

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