Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gemeinsame Versprechen der Christen
Weitere Annäherung zum Reformationsfest
Wittenberg/Rom 500 Jahre nach dem Beginn der Reformation haben Protestanten und Katholiken ihren Willen zu einer umfassenderen Annäherung unterstrichen. Papst Franziskus und die evangelisch-lutherische Kirche kündigten an, auch nach Ende des Reformationsjahres das ökumenische Ziel eines gemeinsamen Abendmahles weiterzuverfolgen. „Für die Zukunft verpflichten wir uns, (...) unseren gemeinsamen Weg zur größeren Einheit fortzusetzen“, erklärten der von Rom eingesetzte Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen sowie der Lutherische Weltbund in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Darin heißt es, viele Christen sehnten sich danach, „die Eucharistie an einem Tisch zu empfangen als konkreten Ausdruck der vollen Einheit“. Beide Seiten stellten zum Reformationsjahr fest: „Es ist aufs Neue deutlich geworden, dass das, was uns eint, sehr viel mehr ist als das, was uns noch trennt.“
Beim zentralen Festgottesdienst der deutschen Protestanten in der Wittenberger Schlosskirche übergaben der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, gemeinsam ein Kreuz an Bundespräsident FrankWalter Steinmeier. Sie werteten dies als „Versprechen der Christen“, für Friede, Versöhnung und Gerechtigkeit einzutreten, sagte Marx.
Zuvor hatte Bedford-Strohm den Katholiken symbolisch die Hand gereicht. Er wandte sich in seiner Rede an Papst Franziskus: „Wann immer du einmal hierher nach Wittenberg kommst, dann werden wir dich ein halbes Jahrtausend nach der Verbrennung
„Weder Obergrenzen für die Unterstützung von Men schen in Not helfen diesem Land noch moralische Durchhalteparolen. Was die ses Land braucht, ist eine neue innere Freiheit.“EKD Ratsvorsitzender Bedford Strom
der Bannbulle von ganzem Herzen willkommen heißen!“Man müsse „mit Christus reden und dann mutig voranschreiten“.
Vor den Augen auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer unterstrich Bedford-Strohm seine ablehnende Haltung zu einer Flüchtlings-Obergrenze: „Weder Obergrenzen für die Unterstützung von Menschen in Not helfen diesem Land noch moralische Durchhalteparolen. Was dieses Land braucht, ist eine neue innere Freiheit.“
Er bezeichnete Luthers Thesenanschlag als einen „Akt der Befreiung“– für Luther persönlich, für die Kirche und für die Welt. Heldenverehrung sei allerdings falsch. Vor allem Luthers Haltung zum Judentum sorgt bis heute für heftige Diskussionen in Kirche und Gesellschaft. „Reformation 2017 – das heißt auch, den alten unseligen christlichen Antijudaismus hinter uns zu lassen, der den tödlichen antisemitischen Rassenlehren Nahrung gegeben und so viel Leid angerichtet hat“, sagte Bedford-Strohm.
Kanzlerin Merkel schlug bei einem Festakt in Wittenberg den Bogen in die Gegenwart und unterstrich die Bedeutung der Meinungsvielfalt. Toleranz sei „die Seele Europas“und „das Grundprinzip jeder offenen Gesellschaft“. Auch mit Blick auf die zahlreichen innereuropäischen Konflikte, die Luthers Thesenanschlag einst mit sich brachte, sagte sie: „Wer die Vielfalt bejaht, muss Toleranz üben – das ist die historische Erfahrung unseres Kontinents. Mühevoll wurde gelernt, dass die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in Europa die Toleranz ist.“