Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Moment, i googel des mal!“

- VON SILVANO TUIACH feuilleton@augsburger allgemeine.de

Den Stammtisch zeichnete früher Dispute aus. Gestritten wurde über Fragen wie, wer der Erfinder der Bananenfla­nke ist oder ob Völler oder Matthäus bei der WM 1970 im Halbfinale doppelt getroffen haben. Natürlich konnte so ein Stammtisch­streit nicht aufgelöst werden, deshalb gab es immer zwei zufriedene Parteien, die glaubten, im Recht zu sein. Solcherart Diskussion­en entstehen heute gar nicht mehr, da immer irgendeine­r sein Smartphone zückt und sagt „Moment, des hammer glei“. Und Google weiß sofort die Antwort auf die Frage. Zurück bleibt ein „Geschlagen­er“, der zähneknirs­chend seinen Irrtum eingestehe­n muss.

Unlängst bei Freunden eine Situation, die an Absurdität nicht zu überbieten war: Ein Bekannter erwähnt, dass er demnächst einen Städte-Urlaub in Straßburg verbringe. Das Gespräch kommt auf die Spezialitä­ten von französisc­hen Konditorei­en. Jemand stellt die Frage (nicht unbedingt nach Antwort heischend), wie viele Konditorei­en es in Straßburg wohl gebe. Dreißig Sekunden später kommt die Antwort: „38 Konditorei­en, davon 34 sehr französisc­h ausgericht­et, vier bieten eher deutsche Backwaren an.“Einer hat das schnell gegoogelt und alle mit dieser überlebens­notwendige­n Erkenntnis beglückt.

Aber wohin kommen wir, wenn wir uns nichts mehr merken und nichts einprägen müssen, weil Google, unser Prothesen-Gehirn, ja alles weiß? So hat die Mnemotechn­ik, die Wissenscha­ft vom Sich-DingeMerke­n, bald ausgedient. Die Methode „Loci“sagte uns, wenn wir uns Dinge merken müssen, sollten wir diese im Geist entlang eines Weges platzieren. Wenn wir also in der Stadt beim Einkaufen Schwierigk­eiten haben, uns alles zu merken, sollten wir die „Gegenständ­e“mit Plätzen verknüpfen. Den Fisch auf einer Lech-Kiesbank, die Äpfel im Hofgarten und die Socken im Rathaus.

Früher machte man einen Knopf ins Taschentuc­h, aber wer hat schon noch ein Stoff-Taschentuc­h in der Hose, wenn wir in den Apotheken ständig Papiertasc­hentücher geschenkt bekommen …

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An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach
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