Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Harry G – mal „griabig“, mal grantig
Comedy Der Bayer holt in Gersthofen zum Rundumschlag aus
Gersthofen Gruppen auf WhatsApp: Eine Qual. Zu jedem Anlass werden sie erstellt – ob Kita-Fahrgemeinschaftsgruppe, Geburtstagsparty, -ort oder -geschenk. Zu diesem Anlass wettet Harry G: „In der ganzen Stadthalle gibt es mindestens eine Gruppe, die nennt sich ,Harry G Gersthofen‘.“Und das Publikum lacht.
Der Münchner Kabarettist Harry G war zu Gast in der Stadthalle Gersthofen. Dort präsentierte er sein Programm „#HarrydieEhre“vor einem vollen Saal. Genauso breit gefächert wie das Publikum des Abends war auch Harry Gs Angriffsfläche – er holte zu einem zweistündigen Rundumschlag aus.
„Deppen“findet der Komiker, der mit eigentlichem Namen Markus Stoll heißt, überall. Als Harry G seine Geschichten über WhatsApp und die neuesten Technik-Trends weiterstrickt, trifft es auch seine Mutter. Diese wird bald 50 und kann einfach nicht mit ihrem Smartphone umgehen. Kein Wun- der: „Das erste Tablet dieser Generation war die Glasscheibe an der Wursttheke.“Die Zuschauerin Anna Berthold aus Augsburg ist 51 Jahre alt und kann über dieses Zitat nur lachen. „So schlimm sind wir auch nicht“, sagt sie, findet in den Tiraden des Kabarettisten aber auch ein Fünkchen Wahrheit.
Noch schlimmer für Harry G: der „Markt“für Singles im Internet, den er als „Gebrauchtwagen-Börse“bezeichnet. „Ist den Menschen denn nicht bewusst, dass auf einem ,Markt‘ Waren zu bestimmten Preisen gehandelt werden?“, fragt sich der Komiker kopfschüttelnd.
Ist man dann in einer Beziehung, wird es auch nicht besser. Die Frauen zerren ihre Männer zum „Brunch“oder auch zu Deutsch: zum „Fressen“. Mittlerweile sei das in den Cafés schon so gefragt, dass die Leute extra früher kommen und „ihre Handtücher über’n Lachs legen“. Zum Anstoßen gönnen sich die Damen ihr erstes Gläschen Prosecco des Tages, während die Männer erst nach Stunden und Tellern voll Bacon aussprechen, was sie sich schon seit Stunden denken: „Na wie schaut’s aus, trink ma a Hoibe?“
Ob Jogger, Jogi Löw oder Longboard-Fahrer – irgendwo lässt Harry Gs Bühnenshow durchblicken: „Alles Deppen.“Der Franke ist der „Ossi Bayerns“, und im veganen Restaurant stillen Frauen mit laktosefreier Sojamilch. Der grüne Smoothie ist eigentlich „Kompost“und Alfons Schuhbeck ein „Gschwuischädel“. Was Harry G wirklich herbeisehnt, ist die Zeit, wenn einem all die Trends der Gesellschaft endlich egal werden: „das Jack-Wolfskin-Alter“.
Egal ob Vegetarier, Frau, Sportler oder Senior: Im Laufe des Programms wird jeder Zuschauer „zum Deppen“gemacht.
Das einzig Wahre für Harry G ist wohl die bayerische Sprache. „Griabig“– die Steigerung von „gmiatlich“, die Beschreibung eines höheren Bewusstseinszustands und auch bekannt als „bayerisches Nirvana“. Denn eines konnten „buddhistische“Bayern wie Harry G schon immer: „Mit Wampn dahockn und bled daherredn.“