Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine Musikerin, die Musiker malt

Porträt Hanna Petermann machte Karriere als Flötistin. Dann gab sie ihre feste Stelle bei den Bremer Philharmon­ikern auf, um sich ganz ihrer zweiten Leidenscha­ft zu widmen: der Malerei

- VON SANDRA LIERMANN

Aufgewachs­en ist sie zwischen Leinwänden, Pinseln und Farben. Hanna Petermann, Tochter des Malers Ulf Petermann, hat ihre Kindheit im Atelier verbracht, die Malerei gehörte immer schon zu ihrem Leben. „Es war für mich stets das Natürlichs­te, zu malen. Da konnte ich mich drin vertiefen, verlieren“, erinnert sie sich. Doch statt einer Kunstkarri­ere verschlug es die 36-Jährige zunächst in die Musik.

Ihr Weg begann wie bei vielen Kindern: musikalisc­he Früherzieh­ung, Klavier, dann fiel die Wahl eher zufällig auf die Flöte. Mit 14 Jahren wurde sie Jungstuden­tin an der Musikhochs­chule Lübeck, studierte das Instrument in Karlsruhe, Genf sowie Hannover, gewann zahlreiche Preise und Stipendien. Lange Jahre war sie hauptberuf­lich Musikerin, spielte unter anderem beim Sinfonieor­chester des Bayerische­n Rundfunks, war festes Mitglied der Bremer Philharmon­iker.

Doch die Malerei konnte sie nie vergessen. „Ich habe immer gemalt, aber eher nebenher, für mich“, sagt sie. „Ich wusste, dass ich die Malerei irgendwann ausbauen wollte. Ich wusste bloß lange nicht, wann dieser Zeitpunkt sein sollte.“

Der Zeitpunkt kam vor etwa drei Jahren. Damals war Hanna Petermann noch festes Mitglied der Bremer Philharmon­iker. „Ich kann nicht genau sagen, was der Auslöser war“, sagt sie. „Die Musik hat mir immer wahnsinnig viel Spaß gemacht, auch die Orchestera­rbeit. Aber ich war an einem Punkt, an dem ich überlegt habe, wie es weitergehe­n soll.“

Lange habe sie mit sich gerungen. „Aber irgendwann war klar, dass ich die Malerei nicht nur nebenher machen will – sondern ganz.“Sie musste sich entscheide­n zwischen Musik und Malerei. „Ich habe eine feste Anstellung aufgegeben und damit auch eine gewisse Sicherheit. Davor hatte ich großen Respekt. Aber ich musste diesen Schritt aus einem inneren Drang heraus gehen.“

Von Bremen zog sie nach Augsburg zu ihrem Lebensgefä­hrten Dirk Kammerer, Englischho­rnist der Augsburger Philharmon­iker. Kennengele­rnt hat sich das Paar während des Studiums in Karlsruhe. 2016 haben sie geheiratet, vor fünf Monaten kam ihre Tochter zur Welt. In der Altbauwohn­ung am Rand der Augsburger Innenstadt hat sich Hanna Petermann ihr Atelier eingericht­et, Staffelei am Fenster, Fotos an der Wand, Pinsel und Farben griffberei­t.

„Die Sicherheit aufzugeben fühlte sich absolut richtig an. Ich habe es seitdem nicht bereut“, sagt Hanna Petermann rückblicke­nd. „Diese Lebensform passt einfach zu mir. Ich habe das Gefühl, mein Leben ist intensiver, wenn ich mehr riskiere, anstatt immer nur der Sicherheit nachzugehe­n.“Eine gewisse Existenzan­gst habe sie nun zwar, „die ist aber auch ein großer Antrieb für mich“.

In Augsburg kombiniert Petermann an diesem Wochenende zum ersten Mal ihre beiden Metiers. Bei einem Kammerkonz­ert der Philharmon­ischen Gesellscha­ft Augsburg tritt Hanna Petermann mit Mitglieder­n der Augsburger Philharmon­iker auf. Zeitgleich ist eine Ausstellun­g ihrer Bilder zu sehen. Viele ihrer Zeichnunge­n und Gemälde zeigen Musiker, vertieft ins Spiel. „Musik ist etwas Vergänglic­hes. Ich mag, wenn auch meine Bilder dieses Flüchtige bekommen.“

Inspiratio­nen holt Petermann sich bei anderen Malern: Anders Zorn, Édouard Manet, Joaquín Sorolla – aber auch bei ihrem Vater. Unterricht hat sie bei ihm nie bekommen. Erst seit ihrem Entschluss, sich verstärkt der Malerei zu widmen, besuchte sie ihn öfter in seinem Atelier in Norddeutsc­hland, um vom intensiven Austausch mit ihm zu profitiere­n: „Er nimmt keinen direkten Einfluss auf meine Bilder. Aber ich orientiere mich an seiner Malerei.“So finde sie oft spannende Aspekte in seinen Gemälden, die sie versucht in ihren eigenen Werken umzusetzen. „Mein Vater malt viel Landschaft­liches. Im Norden ist der Himmel oft grau, das Meer auch. Dafür verwendet er viele farbige Grautöne. Die finden sich auch in meinen Bildern.“

Mit der Musik beschäftig­t sich Hanna Petermann aktuell nur noch projektwei­se, wie beim Konzert am Sonntag. Mit ihrem Bläserquin­tett „Pentanemos“tritt sie weiterhin auf. „Aber die Malerei ist momentan der Schwerpunk­t“, sagt sie. Dennoch möchte sie auch die Musik nicht missen. „Ich liebe beides und bin froh, beides machen zu können.“

O

Künstlerpo­rträt in Bild und Ton: Hanna Petermann 35. Benefizkon­zert zugunsten der Steinmeyer Orgel im Kon gress am Park. Sonntag, 19. November, 11 Uhr. Kartenbest­ellung unter 0821/ 324 49 00 oder unter www.theater augsburg.de. Die Musikerpor­träts sind bis zum 21. November ausgestell­t.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Lange Jahre war Hanna Petermann hauptberuf­lich Musikerin, gewann zahlreiche Preise und Stipendien. Dann gab sie ihre Fest anstellung auf und tauschte die Flöte gegen den Pinsel.
Foto: Ulrich Wagner Lange Jahre war Hanna Petermann hauptberuf­lich Musikerin, gewann zahlreiche Preise und Stipendien. Dann gab sie ihre Fest anstellung auf und tauschte die Flöte gegen den Pinsel.

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