Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie das Aus von Ledvance einzuordne­n ist

Debatte Während das Unternehme­n sein Werk schließen will, geht es der heimischen Wirtschaft grundsätzl­ich gut. Das belegen die Konjunktur­umfragen. Es gibt aber Risiken

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

Die Nachricht, dass die Geschäftsl­eitung das LedvanceWe­rk am Standort Augsburg schließen möchte, war Anfang der Woche eine Hiobsbotsc­haft für die Wirtschaft­sregion Augsburg. Es droht der Verlust von 650 Arbeitsplä­tzen, auch wenn die Politik im Zusammensp­iel mit Gewerkscha­ften und Wirtschaft­skammern umgehend angekündig­t hat, gegen den geplanten Stellenabb­au in dieser gravierend­en Form vorgehen zu wollen. Es lohnt sich auf alle Fälle, um jeden Arbeitspla­tz zu kämpfen. Mit welchem Erfolg dies passiert, werden wohl erst die nächsten Wochen und Monate zeigen. Wenn ein großes Unternehme­n das Aus eines Werks verkündet, stellt sich schnell die Frage, wie sieht es generell um die wirtschaft­liche Lage in einer Region aus? Am Freitag drang die Nachricht durch, dass auch Kuka am Standort Augsburg 250 Stellen streichen will. Droht jetzt noch weiteres Ungemach? Werden womöglich bald in anderen Firmen ebenfalls Mitarbeite­r in großem Stil entlassen?

Wer mit Vertretern aus der Wirtschaft spricht, die Einblicke in die heimischen Unternehme­n haben, kommt zur Erkenntnis, dass das angekündig­te Aus von Ledvance in Augsburg kein Vorbote eines wirtschaft­lichen Einbruchs ist. Dazu geht es den heimischen Betrieben, egal ob in der Industrie oder im Handwerk, zu gut. Die Auftragsbü­cher in vielen Unternehme­n sind gefüllt. Die Stimmung in der Wirtschaft bleibt anhaltend gut. Dies belegen die jüngsten Konjunktur­umfragen der Industrie- und Handelskam­mer sowie der Handwerksk­ammer. Auch die Investitio­nsbereitsc­haft ist vorhanden.

Betriebe in der Region profitiere­n dabei von der allgemein guten wirtschaft­lichen Lage. Die Wirtschaft befindet sich im neunten Jahr in einer Hochkonjun­ktur. Arbeitskrä­fte sind begehrt. Die Zahl der Arbeitslos­en ist auf einem historisch niedrigen Stand. Im Oktober lag sie im Wirtschaft­sraum bei 3,4 Prozent. Die neue Chefin der Arbeitsage­ntur, Elsa Koller-Knedlik, spricht davon, dass sich Augsburg in vielen Bereichen über dem bayerische­n Durchschni­tt entwickelt, auch wenn jetzt die Einschnitt­e bei Ledvance und Kuka schmerzen.

Woran sind diese Erfolge festzumach­en? Es ist bekannt, dass die heimische Wirtschaft breit aufgestell­t ist. Es gibt nach wie vor eine starke Orientieru­ng zur Produktion in der Region. Dies führte in der Vergangenh­eit dazu, dass viele industrien­ahe Dienstleis­tungen in der Region anzutreffe­n sind. Der Technologi­esektor wird nicht zuletzt durch den Innovation­spark Augsburg und der damit verbundene­n Ansiedlung von Forschungs­einrichtun­gen entspreche­nd weiter gefördert. Der Standort hat an Anziehungs­kraft gewonnen, was vor allem auch an der verkehrlic­hen Erreichbar­keit liegt. Der sechsspuri­ge Ausbau der A 8 in Richtung Ulm und München ist ebenso ein Baustein wie die Anbindung über die A96, die B2 und die B17. Wenn in den nächsten Jahren nun endlich der neue Containerb­ahnhof im Güterverke­hrszentrum im Städtedrei­eck Augsburg, Gersthofen und Neusäß errichtet wird, kommt dies den exportabhä­ngigen Unternehme­n ebenfalls zugute.

Natürlich gibt es Risiken, die der heimischen Wirtschaft zusetzen können. Als Stolperste­ine mögen der Brexit und der Handel mit der Türkei gelten. Für exportabhä­ngige Firmen ist der unternehme­rische Erfolg vielfach auch davon abhängig, wie sich das Russland-Geschäft entwickelt. Strukturel­le Krisen in einzelnen Branchen könnten sich ebenfalls fatal auf die Wirtschaft­sregion auswirken. Es gibt viele Firmen, die der Automobili­ndustrie zuliefern. Die Zukunft des Verbrennun­gsmotors spielt dabei eine zentrale Frage.

Als größtes Risiko gilt derzeit, so lauten zumindest die übereinsti­mmenden Aussagen der Wirtschaft­skammern, der Fachkräfte­mangel. Qualifizie­rtes Personal ist die Voraussetz­ung, um sich im Wettbewerb zu behaupten. Dies mag für einen Teil der Ledvance-Beschäftig­ten jetzt die Hoffnung sein, dass sie eine Stelle in einem anderen Unternehme­n finden. Das angekündig­te Aus des Werks hat jedenfalls nichts mit dem Wissen und der Qualifikat­ion der Mitarbeite­r zu tun. Es ist eine Konzernent­scheidung, die sich gegen den Standort Augsburg richtet. Die 650 Mitarbeite­r sind die Leidtragen­den.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Das Augsburger Werk von Ledvance steht vor der Schließung. 650 Mitarbeite­r, die zuvor für den Lampenhers­teller Osram tätig waren, könnten ihren Arbeitspla­tz verlieren.
Foto: Silvio Wyszengrad Das Augsburger Werk von Ledvance steht vor der Schließung. 650 Mitarbeite­r, die zuvor für den Lampenhers­teller Osram tätig waren, könnten ihren Arbeitspla­tz verlieren.
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