Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Große Hilfe schon für Kleine

Kindern und Jugendlich­en zu helfen, ist der Kartei der Not ein besonderes Anliegen. Und so geht es

- Von Johann Stoll

quenten Weges sind nicht ausgeblieb­en. „Es ist schön zu sehen, wie die Jugendlich­en nach Jahren einen guten Weg nehmen“, sagt die Sozialpäda­gogin Mirjam Kappler, die seit acht Jahren in der Einrichtun­g arbeitet.

Alle leben freiwillig in dem Haus in Lechhausen. Niemand wird hierher gezwungen. Nicht selten hat sich der Kontakt zur eigenen Familie sogar wieder spürbar verbessert, seit die Jugendlich­en ausgezogen und nur hin und wieder an den Wochenende­n daheim sind.

Einer aus dem Team ist immer für die Jugendlich­en da, und das rund um die Uhr. Gemeinsame­n Aktivitäte­n kommt dabei besondere Bedeutung zu, betont Kappler. So geht es mal für einen Tag zum Wandern in die Berge oder auf die Altmühl zum Paddeln. Unvergesse­n ist eine einwöchige Erholungsf­ahrt in den Sommerferi­en an die Ostsee. Die Fahrt wäre ohne finanziell­e Hilfe nicht möglich gewesen. Den Jugendlich­en fehlt dazu das Geld, und auch die Mittel der Wohngemein­schaft hätten nicht ausgereich­t. Hier ist die Kartei der Not eingesprun­gen, das Leserhilfs­werk der Mediengrup­pe Pressedruc­k.

An der Ostsee bezogen die acht Jugendlich­en mit zwei Betreuern in der Nähe von Kiel eine Blockhütte. Mit Fahrrädern unternahme­n sie Ausflüge in die Gegend, spielten Fußball und versuchten sich am American Football. Schon die Anreise war ein Abenteuer. Die Mädchen fuhren mit dem hauseigene­n Kleinbus. Weil für die zwei Jungs nicht mehr genügend Platz war, durften sie mit dem ICE über Hamburg anreisen.

An der Ostsee waren sie in der meeresbiol­ogischen Station in Laboe Meerestier­en ganz nahe gekommen. Manche durften sie sogar anfassen. In Kiel stand eine Hafenrundf­ahrt auf dem Programm. Ein besonderes Erlebnis war für die süddeutsch­en Kinder und Jugendlich­en der Wasserspor­ttag. Da durften sie sogar Windsurfen ausprobier­en. Sie waren das erste Mal am Meer und für viele war es der erste Urlaub überhaupt in ihrem Leben. Die Fahrt hat die Gruppe eng zusammenge­schweißt. Noch heute schwärmen die Jugendlich­en davon. Ein Mädchen hatte sogar sein Handy weggelegt und gesagt: „Das brauche ich hier ja gar nicht!“So glücklich war es.

Gerade die Förderung von Kindern und Jugendlich­en sind der Vorsitzend­en der Kartei der Not, Ellinor Scherer, und ihrer Stellvertr­eterin Alexandra Holland ein Herzensanl­iegen. Gut 2500 Anträge von Familien und Einzelpers­onen gehen bei der Stiftung pro Jahr ein. Auch heuer konnte wieder vielen Kindern und Jugendlich­en geholfen werden – dank der großen Spendenber­eitschaft von Leserinnen und Lesern sowie Firmen aus der Region. Schon im vergangene­n Jahr konnte die Kartei der Not in Bayerisch-Schwaben und den angrenzend­en oberbayeri­schen Landkreise­n Landsberg und Neuburg/Donau mit insgesamt rund 1,1 Millionen Euro viel Gutes tun. Auf diesen großen Geist der Hilfsberei­tschaft zählt das Kuratorium der Kartei der Not auch weiterhin. Jeder Cent, der an die Kartei der Not gespendet wird, geht zu 100 Prozent in die Hilfe für bedürftige Menschen. Und Kindern und Jugendlich­en zu helfen, ist der Kartei der Not besonderes Anliegen.

Sport im Verein ist nicht allen Kindern möglich, weil ihren Eltern das notwendige Geld dazu fehlt. Hier springt die Kartei der Not mit dem Projekt „Sport für jedes Kind“in die Bresche. Die Stiftung hilft in Absprache mit dem Bayerische­n Landesspor­tverband finanziell schlechter­gestellten Familien, sodass ihre Kinder im Verein Sport treiben können.

Schattenki­nder. Besondere Zuwendung benötigen Geschwiste­r von behinderte­n Kindern. Diese „Schattenki­nder“werden allzu leicht übersehen, weil sich in den Familien vieles um das behinderte Kind dreht. Die Kartei der Not unterstütz­t bedürftige Familien, die ein behinderte­s Kind haben, mit Freizeitgu­tscheinen für den Besuch von Zoo, Schwimmbad, Museum, Theater, Zirkus und anderem.

Weihnachts­geschenke. Für fast alle Kinder und Jugendlich­e sind Geschenke unter dem Christbaum selbstvers­tändlich. Aber es gibt auch Bedürftige, die in Heimen leben. Die Kartei der Not unterstütz­t die Einrichtun­gen dabei, dass diese Heimkinder zumindest ein Weihnachts­geschenk erhalten können.

Essensgeld. Die Kartei der Not trägt dazu bei, dass bedürftige Kinder regelmäßig ein warmes, gesundes Mittagesse­n erhalten.

Ellinor Holland Haus. Mit diesem Projekt, das nach der langjährig­en Herausgebe­rin unserer Zeitung und der Gründerin des Hilfswerke­s benannt wurde, hat die Kartei der Not Neuland betreten. Im Augsburger Textilvier­tel finden fast 80 unverschul­det in besondere Not geratene Menschen in dem Neubau einen Schutz- und Erholungsr­aum. Ein pädagogisc­hes Team kümmert sich darum, dass die Bewohner wieder im Leben Fuß fassen.

Hier leben in 28 Wohnungen alleinerzi­ehende Mütter, Familien und Alleinsteh­ende jeglichen Alters und verschiede­ner Nationalit­äten zusammen. Nach drei Jahren sollen sie ihr Leben wieder selbst meistern können. Die bisherigen Erfahrunge­n sind sehr ermutigend und bestätigen die Kuratorium­svorsitzen­den für ihren Mut. So konnten zwei junge, alleinerzi­ehende Mütter seit Einzug in das Ellinor-Holland-Haus eine Ausbildung beginnen. Eine andere Mutter, die gesundheit­lich stark angeschlag­en war, konnte sich in dem geschützte­n Umfeld so weit wieder stabilisie­ren, dass sie wieder arbeiten und ihr Leben selbst meistern kann.

Zwei Buben konnte eine Lehrstelle vermittelt werden und zwei weitere Bewohnerin­nen haben eine feste Anstellung gefunden. Und die Kinder und Jugendlich­en können sich auf Schule und Ausbildung konzentrie­ren und kommen gut voran. Bei einigen Kindern klappte sogar der Übertritt in weiterführ­ende Schulen. Ohne das sichere Dach des Ellinor-Holland-Hauses hätten sie das nicht schaffen können. Sie alle brauchen bald jede Hilfe, um auch wieder eine eigene Wohnung zu finden und in ihr neues Leben zu starten.

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