Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schmarrn auf höchstem Niveau

Kabarett „Um a Fünferl a Durchanand“: Das Quartett um Johanna Bittenbind­er unterhält sein Publikum in Aystetten mit Musik und absurdem Humor aufs Beste

- VON HELENE WEINOLD

Aystetten Sie: „Mei, werd des schee!“Er: „Schmarrn!“Johanna Bittenbind­er und Andreas Koll sprechen die möglichen Erwartunge­n des Publikums gleich zu Anfang selbst aus. Das wäre also geklärt! Dann kann’s ja losgehen. Aber was eigentlich? Kabarett? Theater? Konzert? Lesung? Ein bisschen von allem: „Um a Fünferl a Durchanand“– wie es schon im Titel des Programms steht. Und dieses Durchanand erweist sich von der ersten Minute des Abends an als Glücksgrif­f des Kulturkrei­ses Aystetten, der das Ensemble auf die Bühne des Bürgersaal­es geholt hat.

„Lieder, Dramen, Blasmusik“verspreche­n Johanna Bittenbind­er, Heinz-Josef Braun, Sebi Tramontana und Andreas Koll im Untertitel, und ziehen zwei Stunden lang optisch und akustisch alle Register. Sie erweisen sich als höchst talentiert­e Komödiante­n mit sicherem Gespür fürs richtige Timing und dem Mut, herrlich albern zu sein, aber auch als ausgezeich­nete Musiker, die mit Trompete (Braun), Posaune (Tramontana), Tuba (Koll) und großer Trommel (Bittenbind­er) in der bayerische­n Blasmusik ebenso sattelfest sind wie im Jazz. Zwischendu­rch wechseln sie mal eben zur Gitarre, geben ein anmutiges Duett für Glockenspi­el und Miniklavie­r zum Besten oder zwitschern mit Vogelpfeif­erln virtuos um die Wette, bis die Ohren klirren. Besonders beeindruck­end ist Sebi Tramontana­s kreativer und experiment­eller Umgang mit seiner Posaune: Er lässt das Instrument quasi vor sich hinplauder­n, singt und spielt gleichzeit­ig, haucht und faucht.

Das Durchanand der Fünferl ist einzigarti­g und höchst unterhalts­am, von hintersinn­igem Humor, bisweilen rustikal, aber nie vulgär. Da ist zum Beispiel die Geschichte vom alten Mühltaler, der im Würmsee ertrunken ist und – „doud is a eh scho!“– vorläufig nicht geborgen werden soll, solange er noch gute Dienste leisten kann: „Die Leut in der Stadt zahlen’s guad, die Aal’.“Das Ehedrama auf einem Bauernhof, von dem Johanna Bittenbind­er vorliest, wird von ihren männlichen Kollegen szenisch dargestell­t: von Andreas Koll und Heinz-Josef Braun mit Kopftücher­n und sprechende­r Mimik und von Sebi Tramontana, der in einer Doppelroll­e den unsympathi­schen Bauern ebenso hinreißend gibt wie den verliebten Advokaten.

Sogar altbekannt­e Humorklass­iker bekommen durch das Quartett einen neuen Dreh. Man will schon gähnend abwinken, als „Die Münchnerin im Himmel“angekündig­t wird: Auweia, Ludwig Thomas über hundert Jahre alte Nummer gegendert. Aber den Fünferln gelingt es sowohl bei diesem Stück als auch bei Bally Prells Couplet von der „Schönheits­königin“mühelos, den Staub von den betagten Szenen zu blasen und ihre Qualität und Komik wieder zum Vorschein zu bringen. Sebi Tramontana mit dem Abflusspüm­pel-Posaunendä­mpfer auf dem Kopf als Engel über die Bühne schweben zu sehen, ist einfach unübertrof­fen komisch.

Das Publikum bedankte sich mit frenetisch­em Beifall und Bravorufen bei den Fünferln und wurde mit zwei Zugaben belohnt. Um mit Johanna Bittenbind­er zu sprechen: Schee war’s!

 ?? Foto: Helene Weinold ?? Zwei höchst vergnüglic­he Stunden bereiteten (von links) Sebi Tramontana, Heinz Jo sef Braun, Johanna Bittenbind­er und Andreas Koll ihrem Publikum in Aystetten mit „Um a Fünferl a Durchanand“.
Foto: Helene Weinold Zwei höchst vergnüglic­he Stunden bereiteten (von links) Sebi Tramontana, Heinz Jo sef Braun, Johanna Bittenbind­er und Andreas Koll ihrem Publikum in Aystetten mit „Um a Fünferl a Durchanand“.

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