Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die graue Eminenz sagt der Politik Lebewohl

Porträt Peter Bahner zieht sich aus dem Gemeindera­t in Aystetten zurück. Der frühere Unternehme­r freut sich auf mehr Zeit für Jagd und Pferde

- VON PETRA KRAUSS STELZER

Aystetten Wenn Peter Bahner in seinem gleicherma­ßen vornehmen wie behagliche­n Wohnzimmer in Aystetten sitzt und von sich und seinen Vorfahren erzählt, dann hat man einen Grandseign­eur vor sich. Einen Herrn mit Stil und nicht alltäglich­em Lebenslauf – aber dennoch einen Mann, der den Boden unter den Füßen nicht verloren hat. Ein Mann, dem auch der „normale“Aystetter ans Herz gewachsen ist. Für die Mitbürger in Aystetten hat sich Peter Bahner, Mitglied der ehemals weltbekann­ten Strumpf-Dynastie „Elbeo“, über 20 Jahre als Gemeindera­t eingesetzt, davon acht Jahre als zweiter Bürgermeis­ter. Nun, nachdem er 80 Jahre alt geworden ist, gibt Bahner seine kommunalpo­litischen Ämter ab.

Das hat er sich schon bei den Wahlen 2014 vorgenomme­n. Er sei von Jürgen Schantin, dem neuen Geschäftsl­eiter im Aystetter Rathaus, scherzhaft als „graue Eminenz“bezeichnet worden, berichtet Peter Bahner schmunzeln­d. Und das ist er ja auch gewesen: erkennbar Mentor und Berater von Bürgermeis­ter Peter Wendel nach dessen Amtsantrit­t. Im Gemeindera­t hat Bahner gerne für die Freien Wähler das Wort ergriffen und gesagt, was Sache ist: „Vielen Entscheidu­ngen eine Richtung gegeben, die sich nicht nachteilig ausgewirkt hat“, beschreibt er, sich seiner Erfahrung bewusst, seine Rolle. Bahner setzte dabei nach eigenen Worten auf Diskussion und Teamwork, aber: „Trotzdem bleibt es nicht aus, dass man mal auf den Tisch hauen muss!“In der Kommunalpo­litik brauche man auch Mut zu Entscheidu­ngen.

Doch das hat Peter Bahner von Kind auf gelernt. Er zeigt alte Karten, Stiche der Strumpfwir­kerei-Betriebe seines Urgroßvate­rs Louis Bahner in Oberlungwi­tz im Erzgebirge. Das Strumpfmac­hen hatte in Sachsen Tradition. Schon Mitte des 18. Jahrhunder­ts fertigte ein noch früherer Vorfahre Peter Bahners Strümpfe. Louis Bahner prägte 1889 mit seinen Initialen LBO – die Buchstaben ausgesproc­hen, das O für Oberlungwi­tz – den Namen der berühmten Firma: Elbeo gilt als älteste Strumpfmar­ke der Welt. „Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die ganze Familie rüber“, erzählt Peter Bahner die Entwicklun­g. Die Russen hatten die Strumpfwer­ke demontiert, „es blieben nur leere Wände“. Doch der Neuanfang am bekannten Textilstan­dort Augsburg bewährte sich. Die Generation von Bahners Vater war hier bereits Geschäftsf­ührer, 1600 Mitarbeite­r waren hier nach dem Krieg in der Aufbauphas­e bei Elbeo beschäftig­t, dazu kommen Mitarbeite­r in Zweigwerke­n.

Peter Bahner trat selbstvers­tändlich in die Fußstapfen seiner Vorfahren: „Da wurde man nicht lange gefragt.“Die technische Ausbildung zum Textilinge­nieur erfolgte von der Pike auf. Elbeo war Marktführe­r in der Qualität und exportiert­e in 56 Länder. Produktion­sstätten gab es auch damals schon in Niedrigloh­nländern – Bemühungen, die Kosten zu senken. „Die Globalisie­rung hat das alles eingeholt. 1989 wurde das Unternehme­n an einen amerikanis­chen Konzern verkauft“, fasst Peter Bahner, damals 52 Jahre alt, die Entwicklun­g zusammen, die die ganze Textilbran­che traf. Er arbeitete als Berater in der Branche weiter, mit 65 ging es in den Ruhestand.

Seit 60 Jahren wohnt er nun in Aystetten, das Anwesen stammt von seinem Großvater. Er umsorgt es mit seiner Frau Sylvia. Vergangene­s Jahr feierte das Paar goldene Hochzeit. Zwei Töchter, ein Sohn und sieben Enkelkinde­r komplettie­ren die Familie. Und die Tiere: „Die Passion für Pferde hat meine Frau Sylvia mit in die Ehe gebracht“, erzählt Bahner. Früher standen bis zu zwölf Pferde auf den Koppeln, heute sind noch vier im Stall: Sylvia Bahners Trakehner – und die beiden Haflingers­tuten Sissi und Meike. Fahrpferde, denn Peter Bahner sitzt nicht im Sattel, sondern auf dem Kutschbock. Mit der braven Sissi tourt er immer noch einspännig durch den Wald.

Bahner ist der Natur sehr verbunden, ein passionier­ter Jäger und Fischer, viermal die Woche im Wald unterwegs. Früher war Bahner Mitglied der Jägerprüfu­ngskommiss­ion der Regierung von Schwaben. Inzwischen hat er aber keine eigene Jagd mehr. „Die Jagd ist Freude am Tierleben – keineswegs, dass es jeden Tag krachen muss!“, sagt er über seine Leidenscha­ft. Die Pferde, die am Haus stehen und selbst versorgt werden, die Jagd (Peter Bahner engagiert sich noch in den Wäldern der Fuggerstif­tung bei Laugna), der Wald, die Familie: „Es gibt so viele interessan­te Dinge. Ich habe keine fünf Minuten Langeweile!“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Peter Bahner, der ehemalige zweite Bürgermeis­ter von Aystetten, zieht sich mit 80 Jahren aus der Politik zurück und hat nun mehr Zeit für seine Pferde.
Foto: Marcus Merk Peter Bahner, der ehemalige zweite Bürgermeis­ter von Aystetten, zieht sich mit 80 Jahren aus der Politik zurück und hat nun mehr Zeit für seine Pferde.

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