Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wildschweinrotte rast über die Bundesstraße
Polizei In diesem Bereich gab es noch keinen Wildunfall. Doch am Freitagabend kracht es gleich zweimal und eine Sau stirbt
Die Reihe schwerer Verkehrsunfälle mit Wildschweinen setzt sich in der Region fort. Am Freitagabend kam es auf der autobahnähnlichen B2 bei Gersthofen gegen 18 Uhr zu zwei Zusammenstößen, als eine Rotte über die viel befahrene Straße setzte. Dabei wurde ein Tier getötet.
Auf Höhe der Abfahrt Gersthofen Nord (Los-Angeles-Ring) hatte eine Wildschweinrotte nach Angaben der Polizei die Fahrbahn von West nach Ost gequert. Die Tiere kamen demnach aus Richtung Gablingen und hatten zuvor ein Gebiet durchquert, in dem es viel Gewerbe gibt. Auf der vierspurigen Bundesstraße wurde ein Wildschwein von einem Auto frontal erfasst. Am Wagen entstand ein geschätzter Schaden von 2000 Euro. Das Schwein wurde hierbei getötet. Ein weiteres Schwein, welches hinter dem ersten lief, wurde von einem nachfolgenden Pkw erfasst. Hierbei entstand ein Schaden von circa 1000 Euro. Dieses Schwein flüchtete. Ein drittes Schwein überstand die Überquerung der B 2 unversehrt.
Glücklicherweise wurde bei den Unfällen kein Mensch verletzt. Das getötete Tier wurde vom zuständigen Jagdpächter abgeholt.
Im vergangenen Jahr gab es im Landkreis Augsburg insgesamt 35 Verkehrsunfälle, die durch Wildschweine verursacht wurden. Das geht aus einer Auflistung der Polizei hervor. Damit liegen die Paarhufer in der Wildunfälle-Statistik auf dem dritten Platz. Den zweiten Platz besetzen die Füchse mit insgesamt 65 Unfällen, unangefochtene Spitzenreiter sind die Rehe. Sie machen 696 der insgesamt 1034 Wildunfälle im Landkreis aus (2016). Hauptschauplatz von Wildunfällen sind laut Polizeistatistik Staats-, Kreis- und Gemeindestraßen. Dort ereignen sich 90 Prozent der Wildunfälle. Erst danach folgen Bundesstraßen. Autobahnen sind kaum betroffen. Wobei man sich als Autofahrer auch darauf nicht verlassen sollte: Erst Ende September krachte eine halbes Dutzend Wildschweine auf der A8 bei Elchingen in einen Reisebus. Als besonders gefährlich gelten Straßenabschnitte, die durch Waldgebiete führen oder auf deren beiden Seiten bewachsene Felder liegen, die dem Wild Deckung bieten. Das trifft für den Abschnitt der B 2, auf dem es am Freitagabend gekracht hat, nicht zu. Nach Angaben der Polizei in Gersthofen galt die Stelle bislang auch nicht als „Wildunfall-gefährdet“. Die Bundesstraße ist teilweise mit Zäunen gegen Wildwechsel gesichert, zum Beispiel im Bereich der Wildbrücke bei Langweid. Auf ihr können die Tiere sicher über die Schnellstraße kommen.
Zusammenstöße mit Wildschweinen gelten als besonders gefährlich, weil die Tiere schwer und kompakt sind. Ein Rekordkeiler, den ein Jäger Anfang des Monats bei Bocksberg zur Strecke gebracht hatte, wog sage und schreibe 174 Kilo. Die Zahl der Wildschweine wächst in Bayern seit einigen Jahren rasant. Milde Winter und ein üppiges Nahrunsangebot zum Beispiel dank vieler Maisfelder gelten als die Hauptursachen. Jäger sagen zudem, dass die schlauen Tiere nur schwer zur Strecke zu bringen sind.
Die rasante Zunahme der Tiere wird auch durch Abschusszahlen belegt. Nach einer vom bayerischen Landwirtschaftsministerium veröffentlichten Karte wurden 1995 im Landkreis noch weniger als 500 Schwarzkittel zur Strecke gebracht. 20 Jahre später bewegte sich diese Zahl auf die 2000er-Grenze zu.
Wobei auch die Begegnung zwischen Automobilist und Tier ganz überwiegend für die Schweine schlecht ausgeht. Ein Beispiel aus Emersacker von Anfang Oktober: Auf der Fahrt nach Welden prallte das Auto eines 22-Jährigen gegen eine ausgewachsene Sau. Der Wagen war anschließend Schrott, der Fahrer leicht verletzt, und die Sau lag tot im Straßengraben.