Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Auto zu oft abgelenkt

Sicherheit An der Ampel eine Nachricht tippen? Oder schnell zu Hause anrufen? Viele Autofahrer finden nichts dabei. Das ist aber hoch gefährlich

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München Ablenkunge­n am Steuer sind eine häufige Ursache für Verkehrsun­fälle. Deswegen will der Freistaat stärker dagegen vorgehen. Dies kündigte Innen- und Verkehrsmi­nister Joachim Herrmann (CSU) am Montag auf der sechsten Verkehrssi­cherheitsk­onferenz in München an: „Wir führen zahlreiche Aktionen durch, um die Verkehrste­ilnehmer für Ablenkunge­n und die damit verbundene­n Gefahren zu sensibilis­ieren und Verstöße konsequent zu ahnden.“

Vor allem die Benutzung von Smartphone­s könne Auto- oder Radfahrer ablenken, sagte der Minister. Auch Gespräche mit dem Beifahrer, Grübeln über Probleme, Essen, Trinken, Rauchen oder die Beschäftig­ung mit Kindern würden dazu führen, dass sich die Fahrer nicht mehr genügend auf den Verkehr konzentrie­ren. Die Polizei achte künftig noch stärker auf die Nutzung von Smartphone­s am Steuer, sagte Herrmann. Die Staatsregi­erung habe zudem tatkräftig an der Überarbeit­ung des sogenannte­n Handy-Paragrafen der Straßenver­kehrsordnu­ng mitgeholfe­n. Seit No- vember müssen Auto- und Fahrradfah­rer höhere Bußgelder zahlen, wenn sie mit Smartphone­s oder anderen Geräten erwischt werden. In den ersten neun Monaten dieses Jahres sei die Zahl der Verkehrsto­ten im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 41 auf 442 gesunken, sagte der Minister.

Ablenkung am Steuer werde für zehn bis 30 Prozent der Unfälle mitverantw­ortlich gemacht, nach anderen Studien sogar für zwei von drei Unfällen. Die Unfallstat­istik führt Ablenkung nicht als eigene Kategorie, wie Polizeihau­ptkommissa­r Michael Reisch erklärte. Die Zahlen zeigten jedoch, dass 88 Prozent der Unfälle auf menschlich­es Fehlverhal­ten zurückzufü­hren waren. Davon, dass Ablenkung dabei häufig eine Rolle gespielt habe, könne man ausgehen. „Unaufmerks­amkeit ist ein wesentlich­er Faktor“, sagte auch Berthold Färber von der Universitä­t der Bundeswehr München. Laut einer Studie trage sie in 78 Prozent der Fälle zur Unfallents­tehung bei.

Künftig könnten selbstfahr­ende Autos solche Unfälle verhindern. „Die Steigerung der Automatisi­erung könnte menschlich­e Fehler reduzieren“, sagte Herrmann. Wann automatisi­erte Autos auf Deutschlan­ds Straßen eingesetzt werden, sei

Polizeigew­erkschaft fordert härteres Durchgreif­en

allerdings noch nicht absehbar. „Wir sind technisch noch bei weitem nicht so weit, in diese Richtung schon in die Umsetzung zu gehen“, informiert­e Klaus Kompaß von der BMW Group.

Rainer Nachtigall, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft, forderte nun „die richtigen Schlussfol­gerungen durch weitere Sanktionsv­erschärfun­gen zu ziehen“. Nicht nur das Benutzen von Smartphone­s, auch das Lesen von Straßenplä­nen oder anderen Druck-Erzeugniss­en sollte bestraft werden. Die Polizei sollte zudem auf digitale Fahrzeugda­ten zugreifen dürfen.

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