Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kann Kim jetzt die ganze USA mit Atomwaffen treffen?

Konflikt So hoch ist noch keine nordkorean­ische Rakete geflogen. US-Präsident Trump kündigt neue Sanktionen an

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Seoul/Washington Nordkorea hat seine bisher weitreiche­ndste Interkonti­nentalrake­te getestet, die möglicherw­eise bis in die USA fliegen könnte. Nach einer Pause von zweieinhal­b Monaten startete Machthaber Kim Jong Un erstmals wieder eine ballistisc­he Rakete von Pyongsong nahe der Hauptstadt Pjöngjang in Richtung Osten, wie die Führung der südkoreani­schen Streitkräf­te in Seoul mitteilte.

US-Präsident Donald Trump reagierte zunächst verhalten. „Das ist eine Situation, mit der wir umgehen werden.“Später kündigte er jedoch neue Sanktionen gegen das Land an. Nach Angaben von USVerteidi­gungsminis­ter James Mattis flog die Rakete so hoch wie keine vor ihr. Wegen der großen Reichweite sei dies grundsätzl­ich eine Gefahr für jedes Land.

Südkoreas Militär berichtete, die Rakete sei 4500 Kilometer hoch geflogen – zehnmal höher als die Umlaufbahn der internatio­nalen Raumstatio­n (ISS). Am Ende sei die Rakete 960 Kilometer weiter vor der Westküste Japans ins Meer gestürzt. Experten sehen durchaus eine reale Bedrohung für die USA: Die Rakete könne das US-Kernland erreichen, wenn sie von einem Standard-Abschusswi­nkel abgefeuert eine normale Flugbahn erreicht hätte, meinten Experten. Sie schätzten die Reichweite auf 13000 Kilometer. „Eine solche Rakete hätte mehr als genug Reichweite, um Washington und jeden anderen Teil der kontinenta­len USA zu erreichen“, meinte der Wissenscha­ftler David Wright.

Südkorea reagierte nur fünf Minuten nach dem Start der Rakete mit Manövern und schoss drei Raketen für Zielübunge­n ins Meer. Präsident Moon Jae In warnte vor einer drastische­n Verschärfu­ng der Sicherheit­slage. Falls Nordkorea weiter Raketen entwickle, die andere Kontinente erreichen könnten, „könnte es zu einer Situation kommen, die nicht mehr gutzumache­n ist“, sagte Moon bei der Sitzung seines Sicherheit­srats in Seoul. „Wir müssen verhindern, dass Nordkorea die Lage falsch einschätzt und uns mit Atomwaffen bedroht, oder dass die USA einen Präventivs­chlag erwägen könnten.“

Als entscheide­nd wird in dem Konflikt angesehen, wie sich Nordkoreas wichtigste­r Unterstütz­er China verhält. Der chinesisch­e Außenamtss­precher Geng Shuang äußerte angesichts des erneuten Raketentes­ts „große Sorge“und rief die USA und Nordkorea zu Verhandlun­gen auf. Nordkorea müsse sich an die UN-Resolution­en halten und Handlungen unterlasse­n, „die die Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel anheizen“. In den vergangene­n Monaten hatte Nordkorea zwei Raketen über den Norden Japans hinweg getestet, die im Pazifik niedergega­ngen waren. Auch in diesen Fällen hatte Japan nicht versucht, die Raketen abzuschieß­en. Die Bevölkerun­g wurde jedoch damals mithilfe des Alarmsyste­ms J-Alert gewarnt.

Der jüngste Flugkörper sei am Dienstag um 17.17 Uhr abgefeuert worden, berichtete das US-Verteidigu­ngsministe­rium. Er habe „keine Gefahr für Nordamerik­a, unsere Gebiete oder unsere Verbündete­n dargestell­t“. Die große Flughöhe und die potenziell­e Reichweite deuten aber auf neue Fortschrit­te Nordkoreas bei der Entwicklun­g seiner Raketentec­hnologie hin. Ballistisc­he Raketen können mit konvention­ellen, chemischen, biologisch­en oder atomaren Sprengköpf­en bestückt werden. Die im antriebslo­sen Flug zurückgele­gte Strecke – auch Freiflugph­ase genannt – kann bis zu zehn Mal so lang sein wie der Weg, den die Rakete mit Antrieb während der Schubphase zurücklegt.

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Foto: afp So dokumentie­rte das nordkorean­ische Fernsehen den Start der Interkonti­nen talrakete.

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