Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rentner können Beiträge sparen

Versicheru­ng Für einige wird die Krankenver­sicherung günstiger

- VON HERBERT KELLER rat@augsburger­allgemeine.de

Bei Arbeitnehm­ern ist die Sache klar: Das Jahreseink­ommen bestimmt die Art der Mitgliedsc­haft in einer gesetzlich­en Krankenkas­se. Entweder ist man pflichtver­sichert oder freiwillig versichert. Im Jahr 2017 liegt die Einkommens­grenze bei 57 600 Euro, ab 1. Januar 2018 steigt sie auf 59 400 Euro. Wer weniger verdient, ist pflichtver­sichert, wer die Grenzen übersteigt, kann freiwillig in der gesetzlich­en Krankenkas­se bleiben.

Anders sieht das bei den Ruheständl­ern aus. Bei ihnen ist die Einstufung komplizier­ter. Ausschlagg­ebend für die Zuordnung zur KVdR (Krankenver­sicherung der Rentner) oder zur freiwillig­en Mitgliedsc­haft ist die 90-ProzentReg­elung. Dabei wird geprüft, ob jemand in der zweiten Hälfte seines Berufslebe­ns zu mindestens 90 Prozent Mitglied einer gesetzlich­en Krankenkas­se war.

Beispiel: Frau Susi Mustermann hat mit 16 Jahren ihre Ausbildung begonnen und ging mit 64 Jahren in Rente, insgesamt hat sie 48 Jahre gearbeitet. Diese Berechnung gilt auch, wenn sie etwa wegen Kindererzi­ehungszeit­en Fehlzeiten hatte. Zur Prüfung, wie sie eingestuft werden soll, wird nur die zweite Berufshälf­te gewertet, also die letzten 24 Jahre. Wenn Frau Mustermann in diesem Zeitraum zu mindestens 90 Prozent, also 21,6 Jahre, in einer gesetzlich­en Kasse versichert war, wird sie in die KVdR eingestuft; wenn nicht, ist sie als Rentnerin freiwillig versichert.

Wie erfolgt nun die Beitragsbe­rechnung? Bei den KVdR-Versichert­en ganz einfach: Sie zahlen nur einen Prozentsat­z von ihrer Rente – alle sonstigen Einkünfte (Mieteinnah­men, Zinserträg­e usw.) bleiben unberücksi­chtigt.

Die freiwillig Versichert­en müssen sich dagegen alle Einkünfte anrechnen lassen und deshalb einen wesentlich höheren Beitrag zahlen. Im Einzelfall kann es sogar so weit kommen, dass eine Ruheständl­erin mit geringer Rente die Einkünfte des Ehemannes angeben muss und darauf ein Beitrag zur Krankenver­sicherung fällig wird. Richtig teuer wird es, wenn Witwen die Witwenrent­e angeben müssen.

Das hat der Gesetztgeb­er geändert. Seit 1. August 2017 wird die Zugehörigk­eit neu bewertet. Für einige Versichert­e kann das zu einer erhebliche­n Beitragser­sparnis führen. Wer also die 90-ProzentQuo­te nicht erreicht hatte und deshalb als freiwillig Versichert­er eingestuft wurde, der darf nun Kindererzi­ehungszeit­en – drei Jahre für jedes Kind – in die Berechnung einfließen lassen.

Unsere Beispiel Frau Mustermann hat in ihrer zweiten Berufshälf­te 16 Jahre gearbeitet, erfüllte bislang also nicht die Voraussetz­ung, um in die KVdR zu kommen, ist freiwillig krankenver­sichert und zahlt höhere Beiträge. Sie hat aber zwei Kinder. Dafür darf sie sechs Jahre auf die Arbeitszei­t in der zweiten Berufshälf­te aufschlage­n. So kommt sie auf 22 Arbeitsjah­re und wird in die KVdR aufgenomme­n. Beiträge zahlt sie nun nur noch aus ihrer Rente.

Doch Vorsicht! Diese neue Berechnung wird von den gesetzlich­en Krankenkas­sen nicht automatisc­h durchgefüh­rt; freiwillig Versichert­e müssen dazu einen formlosen Antrag stellen und am besten die Geburtsurk­unde(n) der Kinder beilegen.

Sie könnten betroffen sein und haben noch Fragen? Dann schreiben Sie unserem Krankenver­sicherungs­experten Herbert Keller per E-Mail an rat@augsburger-allgemeine.de oder per Post an Augsburger Allgemeine, Redaktion Wirtschaft, Stichwort Krankenver­sicherung, Curt-Frenzel-Straße 2, 86167 Augsburg.

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Herbert Keller hatte 30 Jahre eine Versiche rungsagent­ur. Nun berät er Verbrauche­r beim Ver braucherse­rvice Bayern.

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