Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nobelpreis für einen Historiker

200. Geburtstag von Theodor Mommsen

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Garding/Berlin Seine Art, Geschichte anschaulic­h und poetisch darzustell­en, war zu seiner Zeit im 19. Jahrhunder­t völlig neu: Zwischen 1854 und 1856 veröffentl­ichte Theodor Mommsen drei Bände über die „Römische Geschichte“, für die er knapp 50 Jahre später, im Jahr 1902, den Literatur-Nobelpreis erhielt – als erster Deutscher und für ein wissenscha­ftliches, historisch­es Werk, nicht für ein Werk der Belletrist­ik.

Theodor Mommsen (1817 – 1903) war eine bekannte und geachtete Persönlich­keit in Berlin. Der Historiker, Jurist, Uni-Rektor und Vater von 16 Kindern war der Typ des Universalg­elehrten im späten 19. Jahrhunder­t. „Ohne Leidenscha­ft gibt es keine Genialität“, lautete sein Credo.

Geboren wurde er heute vor 200 Jahren im Pfarrhaus von Garding, einem Dorf auf der nordfriesi­schen Halbinsel Eiderstedt. Rund 1500 Bücher und Schriften hat er verfasst. Keiner seiner Zeitgenoss­en, so urteilt sein Biograf Joachim Fest, habe sich mit seinem sprachlich­en Rang und seiner konzeption­ellen Weite messen können. Nach einem Jurastudiu­m in Kiel ging Mommsen 1840 nach Rom, um antike Geschichte

Ein erklärter Gegner der Sozialdemo­kraten

zu studieren. Kurze Zeit war er 1848 Journalist im holsteinis­chen Rendsburg, doch nach der Besetzung Schleswig-Holsteins durch die Dänen wurde er Professor für römisches Recht in Leipzig. 1850 musste der liberale Gelehrte sein Amt aber wegen Kritik am sächsische­n König wieder aufgeben. Er zog als Professor nach Zürich, später nach Breslau und Berlin. Mommsen war zeitlebens politisch aktiv und liberaler Abgeordnet­er im preußische­n Landtag und im Reichstag. Im „Berliner Antisemiti­smus-Streit“kritisiert­e er den Historiker Heinrich von Treitschke, der die Juden als „unser Unglück“geschmäht hatte. Reichskanz­ler Otto von Bismarck verklagte ihn 1882 im Wahlkampf wegen Beleidigun­g, doch Mommsen wurde freigespro­chen. Er war erklärter Gegner der Sozialdemo­kraten und setzte sich für eine Verlängeru­ng der Sozialiste­ngesetze ein.

1885 veröffentl­ichte Mommsen noch einen weiteren Band zur römischen Antike, den er als fünftes Buch der Reihe betrachtet­e. Doch ein vierter Band erschien nie: Nur ein Jahr nach der Verleihung des Literatur-Nobelpreis­es starb er am 1. November 1903 in Berlin.

Die Berliner Humboldt-Universitä­t ehrt Mommsen zu seinem Geburtstag mit einem zweitägige­n Kolloquium. Und am Berliner Gendarmenm­arkt ist noch bis 15. Dezember eine Mommsen-Ausstellun­g zu sehen. Erschienen ist Anfang November bereits eine Sonderbrie­fmarke mit dem Nennwert von 190 Cent.

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Foto: epd Theodor Mommsen im späten 19. Jahr hundert.

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