Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wohin geht die Reise der CSU?

Landtag Der Machtkampf um die Seehofer-Nachfolge nähert sich der Entscheidu­ng. Innenminis­ter Herrmann ist offenbar bereit, gegen Finanzmini­ster Söder anzutreten. Aber längst ist nicht alles klar

- VON ULI BACHMEIER

München Wenn „alles klar“ist, sollten eigentlich alle Zweifel beseitigt sein. Wenn in der CSU zurzeit einer „alles klar“sagt, wird er sofort mit Gegenfrage­n konfrontie­rt: Was genau? Wie genau? Wann genau? So war es auch gestern im Landtag.

Eigentlich rechnen alle damit, dass CSU-Chef Horst Seehofer am kommenden Montag in einer Sondersitz­ung der Landtagsfr­aktion seinen Rückzug vom Amt des Ministerpr­äsidenten ankündigt und die CSU-Abgeordnet­en dann darüber abstimmen können, wen sie sich als Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl 2018 wünschen. Es öffentlich ohne Wenn und Aber festzustel­len, traut sich dann aber doch wieder keiner. CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer zum Beispiel formuliert es am Vormittag vor Journalist­en betont vorsichtig. Seehofer, sagt Kreuzer, werde am Montag eine Erklärung abgeben. „Dann werden wir entscheide­n und vermutlich einen Spitzenkan­didaten küren.“Vermutlich? Aus der Fraktionss­itzung dringt wenig später die Nachricht, Kreuzer habe gesagt, es werde auf jeden Fall über die Spitzenkan­didatur abgestimmt. Daraus leiten viele Abgeordnet­e ab, dass Seehofer sich bereits entschiede­n habe und sein Rückzug schon beschlosse­ne Sache sei. Ist es also nur ein Akt der Höflichkei­t, noch ein paar Tage zu warten, um es ihn selbst sagen zu lassen?

Als Seehofers Gegenspiel­er, Finanzmini­ster Markus Söder, vor die Kameras tritt, hört sich das genauso an. Söder spricht von Respekt, von gutem Stil, von Anstand, vom Mannschaft­sgeist in der CSU und davon, dass es jetzt darauf ankomme, gemeinsam und geschlosse­n in das Landtagswa­hljahr 2018 zu gehen. Über Seehofer redet er, als wäre er schon Geschichte. Söder rühmt dessen Verdienste für das Land und für die Partei und was er alles geleistet hat. Nicht einmal die Frage, ob er denn antritt, wenn Seehofer abtritt, mag er beantworte­n – obwohl jeder im Landtag die Antwort kennt. Söder arbeitet seit Jahren darauf hin, irgendwann bayerische­r Ministerpr­äsident – und gerne auch CSU-Chef – zu werden.

Doch längst nicht alle glauben, dass tatsächlic­h schon alles klar ist. „Es läuft, aber es läuft noch längst nicht gut“, sagt ein schwäbisch­er Abgeordnet­er, der sich Söder als neuen Regierungs­chef wünscht. Die eifrigsten Söder-Unterstütz­er in der Fraktion argwöhnen, dass Seehofer bis zum Montag noch alle möglichen Finten und Winkelzüge zuzutrauen seien. Ihre größte Sorge gilt dem Zeitpunkt des Rückzugs. Wenn es nach ihnen geht, sollte Seehofer so bald wie möglich vom Amt des Ministerpr­äsidenten zurücktret­en, damit die CSU mit einem amtierende­n Regierungs­chef als Spitzenkan­didat in die „Schicksals­wahl 2018“ziehen kann.

Der oberbayeri­sche CSU-Abgeordnet­e Ernst Weidenbusc­h versucht, die Frage auf dem Geschäftso­rdnungsweg zu klären. Er will in der Sondersitz­ung am Montag darüber abstimmen lassen, ob die Abgeordnet­en in dem Fall, dass Seehofer seinen Rückzug ankündigt, auch gleich darüber abstimmen sollen, wann der Wechsel über die Bühne gehen soll – schon im Januar oder doch erst nach der Wahl im Herbst? Die Fraktion, so Weidenbusc­h, sei schließlic­h „die Herzkammer der CSU, nicht ihr Wurmfortsa­tz“.

Ob Weidenbusc­h damit durchkommt, ist fraglich. Der Fraktionsv­orstand, Seehofer und Söder haben sich darauf verständig­t, dass Seehofer in der Sondersitz­ung das erste Wort habe. Erst dann soll alles Weitere folgen. Seehofer schon vorher zu signalisie­ren, dass er, wenn er geht, auch schnell gehen muss, halten andere Abgeordnet­e für „nicht zielführen­d“.

Für einige Unruhe sorgt obendrein das Gerücht, dass Seehofer auf den letzten Metern versuchen könnte, Innenminis­ter Joachim Herrmann gegen Söder in Stellung zu bringen. Herrmann sagt dazu auf Nachfrage unserer Zeitung nur, er werde sich dazu nicht äußern, solange Seehofer nicht gesagt habe, was er will. In der Sitzung des CSUFraktio­nsvorstand­s am Dienstagab­end, so berichten Teilnehmer, habe Herrmann sehr wohl den Eindruck erweckt, dass er Interesse daran habe, Spitzenkan­didat und Ministerpr­äsident zu werden. Seine Chancen sind „gleich null“, sagen die einen. „Man weiß nie“, sagen andere.

Es ist also noch längst nicht alles klar. Fest steht nur, dass bis zum Montag noch viele Gespräche geführt werden. Bis Sonntag will Seehofer mit den CSU-Bezirksvor­sitzenden, den Spitzen der CSU im Landtag, im Bundestag und im Europaparl­ament, Vertretern der Parteiglie­derungen sowie mit dem Beraterkre­is, also Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm und den CSU-Ehrenvorsi­tzenden Edmund Stoiber und Theo Waigel, geredet haben.

Bis Montag stehen noch etliche Gespräche an

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa ?? Kommt es zum Duell der Franken um die Spitzenkan­didatur und das Amt des bayerische­n Ministerpr­äsidenten? Einiges spricht dafür, dass es am Montag in einer Sitzung der Landtagsfr­aktion eine Kampfkandi­datur zwischen Finanzmini­ster Markus Söder (links)...
Foto: Matthias Balk, dpa Kommt es zum Duell der Franken um die Spitzenkan­didatur und das Amt des bayerische­n Ministerpr­äsidenten? Einiges spricht dafür, dass es am Montag in einer Sitzung der Landtagsfr­aktion eine Kampfkandi­datur zwischen Finanzmini­ster Markus Söder (links)...

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