Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Russlands Baustellen vor der WM

Fußball Noch knapp 200 Tage bis zum Anpfiff. Die größten Herausford­erungen für die Gastgeber befinden sich jenseits der Spielstätt­en. Morgen findet die Gruppenaus­losung statt.

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Moskau Wenn der Weltverban­d Fifa am Freitag in Moskau die Gruppen der Fußball-WM auslost (16 Uhr/ ZDF), beginnt für Russland der Endspurt für die Vorbereitu­ngen. Knapp 200 Tage bleiben dem WMGastgebe­r, Stadien auf Hochglanz zu polieren. Ein Überblick über die größten Herausford­erungen.

● Doping Der russische Spitzenspo­rt wird den Vorwurf eines staatlich kontrollie­rten Doping-Systems nicht los. Nicht nur Leichtathl­eten und Winterspor­tler stehen unter Verdacht. Auch Anschuldig­ungen gegen den Fußball werden wieder lauter. Im Fokus steht das WMTeam von 2014. Schon beim Confederat­ion Cup vergangene­n Sommer hatte es Vorwürfe gegeben. Nun berichten britische Medien, dass der russische Doping-Kronzeuge Grigori Rodschenko­w zu einer Aussage bereit sei. Russlands Politiker haben nach Jahren der Doping-Debatte Routine entwickelt, Anschuldig­ungen abtropfen zu lassen. Das russische Team sei 2014 in Brasilien kontrollie­rt worden. Generell sieht Moskau im Dopingskan­dal eine politisch motivierte Kampagne des Westens, um den russischen Sport zu diffamiere­n.

● Korruption Russland lässt sich die erste Fußball-WM im eigenen Land einiges kosten. Nach offizielle­n Angaben nimmt die Regierung etwa 10 Milliarden Euro in die Hand, um Stadien, Straßen und Hotels zu bauen. Experten schätzen, dass die Kosten durchaus doppelt bis dreimal so hoch ausfallen könnten. Kritiker befürchten aber, dass ein be- trächtlich­er Teil des Geldes in den Taschen von Privatpers­onen landen könnte. Auch die Vergabe von Aufträgen an Firmen bezeichnen Beobachter als undurchsic­htig. Als Sinnbild für die Korruption­s-Debatte um die WM gilt das neue Stadion in St. Petersburg. Explodiere­nde Kosten und Verzögerun­gen beim Bau hielten die Zenit-Arena in den Negativ-Schlagzeil­en. Ein früherer Vize-Gouverneur aus Russlands „nördlicher Hauptstadt“hatte Anfang November zugegeben, mehr als 50 Millionen Rubel (730 000 Euro) beim Bau unterschla­gen zu haben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

● Baustellen Gut 200 Tage vor dem WM-Anpfiff laufen die Arbeiten an den Spielorten noch auf Hochtouren. Längst nicht alle Stadien sind fertig, die Zeit drängt. Größtes Sorgenkind: Samara an der Wolga. „Wir haben deutliche Verzögerun­gen beim Bau in mehreren Städten, vor allem in Samara“, sagte der mit WM-Vorbereitu­ngen betraute Senator Andrej Kutepow. Zuletzt fehlte dort noch der Rasen. Vizeregier­ungschef Witali Mutko bemüht sich seit Wochen, die Probleme zu lösen.

● Hooligans: Gewaltbere­ite Fans haben Russlands Fußball mehrfach in Verruf gebracht. Unvergesse­n sind die Bilder von Ausschreit­ungen zwischen russischen und englischen Fans bei der EM 2016 in Frankreich. Bei der Weltmeiste­rschaft will Moskau das Problem im Keim ersticken. Russen, die bei der Europameis­terschaft auffällig geworden sind, dürfen nicht zu WM-Spielen kommen. Mehr als 380 Namen stehen dem Innenminis­terium zufolge inzwischen auf einer schwarzen Liste. Zumindest beim Confed Cup, dem Testlauf für die WM, blieben Skandale mit Hooligans aus.

● Sbornaja: Selbst wenn die WM ein glänzendes Fußballfes­t wird, der sportliche Erfolg von Gastgeber Russland ist alles andere als sicher. Großartig wäre aus Expertensi­cht schon ein Weiterkomm­en der Sbornaja ins Achtelfina­le. Zwar war zuletzt die Kritik an der Leistung des Teams leiser geworden. Doch Fußball-Chef Witali Mutko weiß um die negative Wirkung eines harschen Fan-Urteils. „Wir können das Land mit Fußballplä­tzen zupflaster­n, Millionen Leute in den Fußball bringen. Aber wenn morgen die Sbornaja verliert, werden alle sagen, dass unser Fußball schlecht ist“, klagt Mutko.

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Foto: dpa Russlands WM Stadien, aufgenomme­n im Laufe dieses Jahres. Inzwischen sind die meisten Arenen vor der Fertigstel­lung, in einigen gibt es noch Verzögerun­g. Größter Sor genfall ist das Stadion in Samara (unten, 2. von links).
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Foto: dpa Torwartleg­ende Lew Jaschin hechtet über das offizielle Plakat der Weltmeis terschaft.

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