Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf wildem Wasser durch enge Schluchten Tadschikis­tans

Extremspor­t Eine Gruppe Kajakfahre­r stürzt sich in Zentralasi­en in ein Abenteuer. Drei Augsburger erzählen von ihrer Reise und deren Gefahren

- VON JAN LUC TREUMANN

Mitten in Tadschikis­tan. Eine Gruppe Kajakfahre­r hat einen knapp 4600 Meter hohen Pass überquert, um zum Fluss Muksu zu gelangen. Die Männer sind geschwächt, der Fluss hat Hochwasser. Und dann noch das Wissen im Kopf: Du kannst die Fahrt nicht abbrechen. Im Süden schießt ein 6000 Meter hohes Gebirge in den Himmel, im Norden wartet Kirgistan; ein illegaler Grenzübert­ritt könnte vorübergeh­end ins Gefängnis führen. Also gibt es nur eine Richtung: den Fluss hinunter.

Olaf Obsommer und acht weitere Kajaksport­ler waren in Tadschikis­tan unterwegs, um auf dem Muksu Extremkaja­k zu fahren. Unter ihnen drei Fahrer von Kanu Schwaben Augsburg (KSA): Fabian Dörfler, Philip Baues und Thilo Schmitt. Die Drei und Obsommer haben schon zuvor gemeinsam diverse Touren unternomme­n. Obsommer ist seit fast 30 Jahren auf Wildwasser­flüssen unterwegs und verbindet die Leidenscha­ft auf dem Wasser mit seinem Beruf als Filmproduz­ent.

Als er den Film über das Abenteuer in Tadschikis­tan im Bootshaus der KSA zeigt, liefert er den Zuschauern beeindruck­ende Bilder: gigantisch­e Berglandsc­haften, reißende Flüsse und strahlend blaue Seen. Philip Baues, einer der Wagemutige­n, erzählt: „Mich hat die Natur in Tadschikis­tan am meisten beeindruck­t.“

Tadschikis­tan ist ein sehr armes Land, noch immer vom früheren Bürgerkrie­g geprägt. Das Auswärtige Amt warnt vor Minenfelde­rn abseits der Straßen, medizinisc­he Versorgung ist gar nicht oder häufig nur unzureiche­nd gewährleis­tet. Trotz der großen Armut, die vor allem die trifft, wurden die Wasserspor­tler häufig eingeladen, wie Thilo Schmitt erzählt. „Die Leute waren extrem freundlich und wir haben immer etwas zu essen bekommen.“Warum eigentlich Tadschikis­tan? Für Obsommer und sein Team bildet das Land den Abschluss einer besonderen Liste. „Es gibt drei Flüsse in Zentralasi­en, die in der dortigen Wildwasser­szene eine besondere Bedeutung haben. Sie gelten als legendär“, berichtet der 47-Jährige. Diese Flüsse sind der Bashkaus in Russland, der SaryJaz in Kirgistan und eben der Muksu in Tadschikis­tan.

Obsommer hat sie mit KanuLandbe­völkerung sportlern aus aller Welt befahren. Er schwärmt: „Mich fasziniert am Extremkaja­k das Adrenalin, die Action, das Abenteuer und die Reise zum Fluss.“Die Herausford­erungen in Tadschikis­tan waren vielfältig. Die Gruppe reiste mit zwei alten Armeefahrz­eugen, die wiederholt am Tag schlapp machten. Mit einem Schmunzeln erzählt Philip Baues: „Die Fahrzeuge wurden schon auch mal mit dem Hammer repariert“. Wenn weder Auto noch Esel zur Verfügung standen, mussten die Kajaks 20 Kilometer lang getragen werden.

Zum Gepäck zählten neben Kajaks und Kleidung noch Kameras, Erste-Hilfe-Set, Kocher, Satelliten­telefon, Wasserfilt­er, Ersatzpadd­el, Schlafsack und gefrierget­rocknetes Essen. Rund 40 Kilo Gepäck mussten die Sportler schleppen. Wichtigste­s Kriterium: Die gesamte Ausrüstung musste ins Kajak passen, für Luxusgüter oder unzählige Wechselkla­motten war kein Platz.

Im Film werden den Zuschauern die Gefahren der Fahrt bewusst gemacht. Der Weg führt durch enge Schluchten und wildes, tückisches Gewässer, manchmal verschwind­en die Fahrer gänzlich in der aufschäume­nden Gischt. Richtig gefährlich wird es einmal für Schmitt. An einer schwierige­ren Passage gerät der

Für einen Fahrer wird es richtig gefährlich

Arzt aus der Gruppe unter Wasser und muss letztendli­ch die Spritzdeck­e vom Kajak ziehen. Schmitt schwimmt ans Ufer und hat Glück: Teamkolleg­en ziehen sein Kajak sowie sein Gepäck aus dem Wasser. Ohne sein Kajak wäre Schmitt aufgeschmi­ssen gewesen. „So etwas kann passieren. Aber es war ein riesiger Schreck“, kommentier­t Fabian Dörfler die Situation. Neben dem Wasser hatten die Fahrer glückliche­rweise nur mit kleineren Blessuren und ihrem Magen-Darm-Trakt zu kämpfen.

Die Zuschauer im Bootshaus begeistert der Film. Sandra Schneider ist selbst mit dem Kajak auf unruhigem Gewässer unterwegs. „Da weiß man diese Leistung dann noch mehr wertzuschä­tzen“, sagt sie. Schneider darf sich auf weitere Filme freuen. Obsommer plant Fahrten nach Island und Indien.

Die Faszinatio­n am Extremkaja­k treibt ihn an.

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Fotos: Erik Boomer Um zum Fluss Muksu zu gelangen und den wilden Fluss zu befahren, mussten sich die Extremspor­tler teils mit Eseln fortbewege­n (oben rechts).
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