Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Farbe macht froh – aber nicht immer

Rechtsstre­it Grellgrün, Gelb und Rosa in einer Gablinger Wohnung beschäftig­en Juristen. Jetzt wurde entschiede­n: Mieter müssen beim Auszug für eine neutrale Gestaltung sorgen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gablingen Über Geschmack lässt sich bekanntlic­h streiten. Der eine streicht seine Wohnung klassisch weiß, der andere zieht warme oder vielleicht auch grelle Farbtöne vor. Keine Diskussion gibt es, wenn es um die Farbwahl nach dem Auszug aus der Mietwohnun­g geht – sonst wird’s den Juristen am Gericht zu bunt. Einige von ihnen befassten sich in den vergangene­n Jahren mit einem Fall aus Gablingen. Dort ging es um die Frage, ob ein Mieter zu Schadenser­satz verpflicht­et ist, wenn er seine Wohnung in einem ausgefalle­nen farblichen Zustand zurückgibt.

Grellgrün, Gelb und Rosa: So hatten Mieter eine Wohnung gestaltet, in die sie im April 2009 einzogen. Bei der Übergabe waren die Räume weiß gestrichen.

Als das Mietverhäl­tnis zum November 2013 beendet wurde, weißelten die Mieter lediglich die Küche und gaben die Wohnung ansonsten im dekorierte­n Zustand an den Vermieter zurück. Dem trieb es vermutlich die Zornesröte ins Gesicht. Er wollte nicht hinnehmen, dass lediglich ein Raum einen neuen Anstrich erhalten hatte.

Nachdem eine außergeric­htliche Einigung gescheiter­t war, klagte der Vermieter vor dem Amtsgerich­t Augsburg auf Schadenser­satz. Er gewann den Prozess.

Das Zivilgeric­ht verurteilt­e die Mieter zur Zahlung von 1200 Euro.

Die farbliche Dekoration einer angemietet­en Wohnung stelle grundsätzl­ich keine Vertragsve­rletzung dar. Mieter hätten das Recht, die Wohnung während der Mietzeit nach ihrem persönlich­en Geschmack zu dekorieren, heißt es dazu in einer Pressemitt­eilung des Amtsgerich­ts. Die Rückgabe der Wohnung in einem farblichen auffällig veränderte­n Zustand, welcher die Grenzen des normalen Geschmacks überschrei­tet, sei dagegen eine Vertragsve­rletzung.

In solchen Fällen könnten Vermieter das Streichen der Wohnung verlangen und zwar auch dann, wenn eigentlich gar keine Schönheits­reparature­n fällig gewesen wären.

Weigern sich Mieter und stellen sie sich quer, dann wird’s mitunter teuer: Sie können dazu verpflicht­et werden, den Schaden zu ersetzen. Doch wie errechnet sich konkret der Schaden? Für Juristen ist das mitunter eine knifflige Frage, denn nicht immer lässt sich der Nachteil exakt bestimmen.

Im Gablinger Fall war der Schaden nach Ansicht des Amtsgerich­ts darin zu sehen, dass die Neuvermiet­ung der dekorierte­n Wohnung erschwert gewesen sei. Die grelle farbliche Gestaltung war aus Sicht des Gerichts für viele Mietintere­ssenten nicht akzeptabel. Die 1200 Euro errechnete­n sich aus der Farbe und den Arbeitsstu­nden für den neuen Anstrich.

Das Urteil ist rechtskräf­tig, nachdem das Landgerich­t Augsburg die Berufung der Mieter als unbegründe­t verworfen hatte.

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Foto: Björn Wylezich, Fotolia Wann muss der Mieter seine Wohnung weißeln?

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