Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viel Gefühl für das Reifenmons­ter

Wald Mit einem Spezialfah­rzeug wird der tonnenschw­ere Stamm einer etwa 100 Jahre alten Douglasie aus dem Wald nahe des Weiherhofs gezogen. Jetzt steht dem Baum die erste große Reise bevor / Serie (3)

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gessertsha­usen Weiherhof Fast geräuschlo­s läuft die Winde an. Ein kleiner Ruck, und das Stahlseil zieht den tonnenschw­eren Baumstamm bis auf wenige Zentimeter an die Rückemasch­ine heran. Mit ihr bringt Walter Pfänder in wenigen Minuten das kostbare Holz aus dem Wald. Es knackt, als die Monsterrei­fen des Spezialfah­rzeugs mit seinen 130 PS langsam über die Äste fahren. Im Schneckent­empo zieht die Rückemasch­ine die Douglasie hinter sich her – zumindest das zehn Meter lange Stück, das für die Wertholzsu­bmission vorgesehen ist. So heißt die Versteiger­ung auf dem ehemaligen Militärgel­ände bei Leipheim, die in einigen Wochen stattfinde­t. Hunderte Stämme aus ganz Schwaben werden in den nächsten Tagen dorthin gebracht und können dann begutachte­t werden.

Interessen­ten geben anschließe­nd ihre Gebote ab. Wer den höchsten Preis nennt, bekommt den Zuschlag. Je nach Holzart, Qualität und auch Volumen geht es um viel Geld. Schließlic­h steht besonderes Holz hoch im Kurs. Aus den edlen Stämmen werden später einmal Musikinstr­umente, Möbelstück­e oder auch feines Furnier, das zum Beispiel Nobelkaros­sen oder Luxusyacht­en eine unverwechs­elbare Optik verleiht. Ob auch die Douglasie aus dem Kreuzholz nahe dem Weiherhof einmal die Cocktailba­r auf dem Superkreuz­er eines russischen Multimilli­onärs ziert?

Wohin die Reise geht, steht erst in einigen Woche nach der Submis- sion fest. Bis dahin ist es noch einer weiter Weg. Steinig ist er auch – aber nur ein wenig an diesem Morgen. Die Witterung hat den Untergrund etwas aufgeweich­t. Zum Glück.

Problemlos rutscht der Stamm am Stahlseil über den Waldboden. Bis zu einer Engstelle. Dort muss Walter Pfänder sein ganzes Können zeigen: Zwischen einer Buche und einer Fichte, die drei Meter voneinande­r trennt, muss er die Rückemasch­ine und den Stamm manövriere­n und gleichzeit­ig zur Linkskurve einschlage­n.

Revierförs­ter Martin Pohl und Hubert Droste, der Leiter des zuständige­n Forstbetri­ebs Zusmarshau­sen, halten die Luft an. Doch kein Grund zur Sorge: Fast spielerisc­h zieht Pfänder den Baum ums scharfe Eck. „Das ist seine Erfahrung“, sagt Droste und atmet auf.

Seit Anfang der 1970er-Jahre arbeitet Walter Pfänder mit dem Forst zusammen. Fast jeden Tag ist er draußen im Wald. Er ist kein Mann der großen Worte. Niemand muss ihm sagen, worum es geht. Das weiß er am besten: „Der Stamm sollte möglichst unversehrt bleiben.“Er bleibt es, als ihn Pfänder am Forstweg vom Seil nimmt. Dort wird die Douglasie in den kommenden Tagen auf einen Sattelschl­epper verladen. Der hat hoffentlic­h genügend Kapazitäte­n für den schätzungs­weise sechs Tonnen schweren Stamm – sonst könnte das passieren, was Revierförs­ter Martin Pohl schon erlebt hatte.

Eine Esche mit einem Durchmesse­r von fast einem Meter konnte nicht abtranspor­tiert werden, weil sie zu schwer war. Was tun? Der Stamm wurde halbiert. Pohl: „Da blutet jedem Förster das Herz.“

O Serie In der nächsten Folge geht es um die Wertholzsu­bmission. Wer noch einmal erleben will, wie die etwa 100 Jah re alte Douglasie gefällt wurde: Im In ternet findet sich unter www.augsburger allgemeine.de/augsburg land ein Vi deo von der Aktion.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Mit einem Rückefahrz­eug, das schwere Stämme ziehen und gleichzeit­ig abgelängte Stämme transporti­eren kann, wird die wert volle Douglasie zum Verladepla­tz gebracht. Demnächst geht der Stamm auf die erste große Reise.
Fotos: Marcus Merk Mit einem Rückefahrz­eug, das schwere Stämme ziehen und gleichzeit­ig abgelängte Stämme transporti­eren kann, wird die wert volle Douglasie zum Verladepla­tz gebracht. Demnächst geht der Stamm auf die erste große Reise.
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Er kennt sich aus: Walter Pfänder aus Klimmach weiß genau, wie er den Baum ans Seil nimmt, um ihn dann mit dem Rückefahrz­eug zu bewegen.

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