Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Weg aus dem Paket-Wahnsinn

- VON SARAH SCHIERACK schsa@augsburger allgemeine.de

Logistikbr­anche“. Die Paketdiens­te rüsten dementspre­chend auf. Hermes hat im November zwei neue Logistikce­nter eröffnet, die jeweils bis zu 25000 Sendungen pro Stunde verarbeite­n können. Daneben hat das Unternehme­n den Fuhrpark um 3500 Fahrzeuge erweitert und 6000 neue Mitarbeite­r angestellt. Auch die Deutsche Post hat nach eigenen Angaben Personal und Flotte kräftig aufgestock­t. Der Konzern beschäftig­t 10000 zusätzlich­e Aushilfen, daneben sind mehr als 12000 weitere Fahrzeuge in Betrieb genommen worden. Die Kapazitäte­n seien allerdings endlich, betont Hermes-Manager Rahn. „Der Ar- beitsmarkt für Zusteller ist hierzuland­e de facto leer.“

Das Problem ist in der Weihnachts­zeit besonders akut, die Zunahme der Online-Bestellung­en beschäftig­t die Paketdiens­te aber das ganze Jahr über. Beim Bundesverb­and Paket & Express Logistik schätzt man, dass die Zahl der transporti­erten Päckchen bis 2021 um fast eine Milliarde anwachsen wird, auf dann 4,1 Milliarden Sendungen. Neben Schuhen, Textilien oder Technik-Zubehör werden künftig auch vermehrt Lebensmitt­el oder Gebrauchsg­egenstände wie Windeln im Internet gekauft, sagt Verbandssp­recherin Elena Marcus-Engelsche hardt. „Da kommt noch einiges auf uns zu.“

Um die Paketström­e besser zu steuern, denken einige Logistiker bereits über Alternativ­en zur bequemen Zustellung an der Haustür nach. Wie die Wirtschaft­swoche berichtet, erwägen Paketdiens­te wie Hermes oder DPD, die Lieferung bis an die Türschwell­e zu einer Extra-Leistung zu machen. „In der Zukunft könnte es so kommen, dass die Paketdiens­te standardmä­ßig an den Paketshop liefern und die Lieferung zur Haustür dann zum Beispiel 50 Cent extra kostet“, sagte DPDGeschäf­tsführer Boris Winkelmann dem Magazin.

Paketboten müssen einiges erleiden: Sie klingeln sich durch hunderte Mietshäuse­r, hasten unzählige Treppen herauf und hinunter und müssen sich die Klagen der Empfänger anhören, wenn ein Paket falsch abgegeben wird. Oft schuften sie gnadenlos und bekommen dafür weder genug Geld noch ausreichen­d Anerkennun­g.

Ihre Lage droht sich sogar noch zu verschlech­tern. Denn der Paket-Wahnsinn nimmt immer mehr zu. Die Zahl der Online-Bestellung­en steigt beständig, jetzt vor Weihnachte­n ist die Situation dramatisch­er denn je. Das hat Auswirkung­en auf die Paketboten, die mehr arbeiten müssen. Aber auch auf die Umwelt, die darunter leidet, wenn immer mehr Päckchen durch das Land geschickt werden. Letztlich werden Unternehme­n und Verbrauche­r deshalb nicht darum herumkomme­n, über neue Arten der Zustellung nachzudenk­en.

Vielleicht werden sich Empfänger in der nahen Zukunft also daran gewöhnen müssen, Pakete an einer Sammelstel­le, in einem Paketshop oder direkt im Laden abzuholen. Denn auf Dauer wird es bei der schieren Masse an Päckchen nicht möglich sein, jede Sendung bequem nach Hause zu liefern – schon allein, weil irgendwann ein Verkehrsko­llaps droht, wenn immer mehr Paketautos durch die Orte fahren.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Päckchen und Pakete, wohin man schaut: Experten schätzen, dass allein im November und Dezember 290 Millionen Sendungen verschickt werden. An manchen Tagen sind es bis zu 15 Millionen Pakete.

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