Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Melodram, polnisch
Polizeiruf 110: Das Beste für mein Kind
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr Da kommt man sich am Sonntag erst mal vor wie am Freitagabend, wenn das Erste sich gefühlvoll bis melodramatisch gibt. Ein Baby wird entführt, die Eltern sind fertig. Baby taucht unversehrt in einem Krankenhaus im polnischen Gorzów Wielkopolski auf. Die Eltern, das gut situierte Ehepaar Hallmann (mit Villa und Pool), sind nicht erleichtert. Nicht einmal, als der Entführer Pawel Rozanski erschlagen aufgefunden wird.
Bislang waren die Filme vom „Polizeiruf 110“mit dem deutschpolnischen Ermittlerpaar Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) schon nicht das Gelbe vom Ei. In „Das Beste für mein Kind“können die beiden einem ebenfalls leidtun – schon wegen des GroschenromanTitels. Und noch mehr wegen der sich überschlagenden Ereignisse: Sabine Hallmann (Katharina Heyer) ist nicht die leibliche Mama des Babys Leon, vielmehr ist das Anna Kowalska (Agnieszka Grochowska), verheiratet mit dem Fernfahrer Bartosz. Ein zweites Kind hätten sie sich in Polen nicht leisten können, da Anna dann einen Job weitab der Heimat hätte annehmen müssen.
Und so soll ein illegaler Adoptions-Deal das „Beste für mein Kind“sein, wie Anna sagt. Und auch für Sabine Hallmann, die zehn vergebliche Versuche künstlicher Befruchtung und 15 Hormonbehandlungen hinter sich hat. Wem das komplizierte Handlungsdickicht nicht genügt, es geht noch besser: Ein Mann, der behauptet, Leons Papa zu sein, ist es doch nicht. Mehr wird nicht verraten.
Leider kommt die Geschichte in den Verhörszenen kaum vom Fleck, ist das Zuhause Annas voller Devotionalien (ja, das katholische Polen!) und kriselt es der Dramaturgie zuliebe auch noch in der Ehe von Hauptkommissar Raczek. Der Zuschauer dürfte zusätzlich enttäuscht sein, falls er mit touristischem Blick sich von dem eigentlich behutsam inszenierten Film einen optischen Reiz dank der Masuren und brandenburgisch-polnischen Landschaften erhofft hatte. Rupert Huber