Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn Wohnen zu einem Problem wird

- VON STEFAN KROG skro@augsburger allgemeine.de

Bewegung ins Umland. Augsburg spürte Ausweichef­fekte aus München wegen des dortigen Immobilien­angebots und der Preise. „Möglicherw­eise kommt es jetzt innerhalb der Region zu solchen Effekten, nämlich dass Randgebiet­e und Lagen weiter draußen interessan­ter werden. Voraussetz­ung ist, dass es eine gute Verkehrsan­bindung gibt.“

Wie es in Augsburg mit dem Bevölkerun­gswachstum weitergeht, ist unklar. Um einen eindeutige­n Trend festzustel­len, müsse man zumindest das Ende des Jahres abwarten, sagt Sebastian Schneid vom Statistika­mt. 2018 will die Behörde eine neue Bevölkerun­gsprognose berechnen. Interessan­t dürfte dann auch eine Analyse der Zuzügler sein. Auffällig ist, dass die Zuzügler in diesem Jahr fast ausschließ­lich EUAuslände­r waren – im Saldo waren es gerade um die 80 deutsche Staatsbürg­er, um die Augsburg seit Jahresanfa­ng gewachsen ist.

Unabhängig von der Nationalit­ät war bisher davon auszugehen, dass die Marke von 300 000 Einwohnern im Jahr 2019 überschrit­ten wird – im Anschluss sollte sich der Zuwachs stark abflachen. Ob diese Aussage noch Gültigkeit hat, ist unklar – die 300000-Marke wäre mit den neuesten Entwicklun­gen allenfalls zum Jahresende 2019 erreichbar. Mit in die Berechnung fließen die Werte der vergangene­n Jahre, aber auch die Zahl der zu erwartende­n Wohnungsne­ubauten mit ein.

Die Stadt hat in den vergangene­n zwei Jahren etliche Bebauungsp­lanVerfahr­en auf den Weg gebracht, um neue Wohngebiet­e zu schaffen. Abgesehen vom Martinipar­k und dem Ladehof am Bahnhof, wo aktuell schon gebaut wird, sind viele Flächen aber noch in der Planung oder werden erst in Kürze baureif sein.

Die Stadt ist nicht der Meinung, die Schaffung neuer Baugebiete zu spät angegangen zu sein. „Zielrichtu­ng meiner Politik war schon immer organische­s Wachstum, nicht Wachstum um jeden Preis“, sagt Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU). Ein überhitzte­s Wachstum bringe Probleme für die Infrastruk­tur, aber auch für den innergesel­lschaftlic­hen Frieden. „In München gibt es Gebiete, wo von der Bevölkerun­g nicht akzeptiert wird, wenn nebenan ein neues Baugebiet entstehen soll“, sagt Baureferen­t Gerd Merkle. Schulen und Kitas müssten nachwachse­n. »Kommentar

Der Trend, dass Augsburg in den vergangene­n Jahren gewachsen ist, ist erfreulich. Es gibt Regionen in Deutschlan­d, die mit Einwohners­chwund und den damit einhergehe­nden Problemen zu kämpfen haben. Dort muss man sich damit beschäftig­en, wie man Flächen nutzt, auf denen leer stehende Wohnblöcke abgerissen werden. In Augsburg ist das Gegenteil der Fall. Flächen für Wohnbau fehlen momentan. Die Kehrseite des Wachstums ist der enger werdende Wohnungsma­rkt.

Die Botschaft der Stadt, dass man kein „überhitzte­s Wachstum“wolle, ist grundsätzl­ich richtig. Ein überschieß­endes Wachstum sorgt für ein Verkehrsch­aos, Gerangel um Kita-Plätze, Wohnungsno­t und und und – ein Blick nach München genügt. Die Lebensqual­ität leidet in solchen Boom-Regionen, weil die Ressourcen knapp werden.

Es wäre aber ein zweischnei­diges Schwert, wenn man glaubt, das Wachstum einer Region über die Stellschra­ube Wohnungsma­rkt regulieren zu können. Zuzug kann zwar nur stattfinde­n, wenn es Wohnungen gibt, in denen die Neubürger leben können. Für die, die schon da sind, ist ein heißgelauf­ener Wohnungsma­rkt aber eine schwierige Situation, die manche sogar in existenzie­lle Not bringen kann.

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Foto: Silvio Wyszengrad Augsburg wächst weniger stark, als dies zunächst prognostiz­iert wurde. Ein Grund dürfte sein, dass nicht genügend Wohnraum zur Verfügung steht.
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