Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gersthofen beklagt einseitige Belastung
Asylbewerber Während an anderen Orten Unterkünfte zum Teil leer stehen, sind die in Gersthofen proppenvoll. Der Bürgermeister glaubt, den Grund zu kennen
Gersthofen Das Thema Flüchtlingsintegration laufe in Gersthofen bilderbuchhaft beschrieb Bürgermeister Michael Wörle bei der jüngsten Sitzung des Sozial- und Ordnungsausschusses die Arbeit des Helferkreises und der Asylsozialberatung. Und dennoch sah der Rathauschef Grund zur Klage.
Mit den 194 Asylbewerbern, die aktuell in Gersthofen registriert seien, würde es keinerlei Probleme geben. Doch stelle der Familiennachzug bei den anerkannten Flüchtlingen für die Kommune eine große Herausforderung dar, sagte Wörle.
Das Problem sei, dass sich nicht alle Kommunen ihrer Verantwortung in gleichem Maße stellen, und das werde nicht länger hingenommen. Es könne nicht sein, dass diejenigen, bei denen es gut laufe, für ihre Bemühungen auch noch mit anhaltend hoher Belegung ihrer Unterkünfte quasi bestraft werden. „Wir müssen für einen Gleichklang sorgen“, so Wörle.
Während in Gersthofen Überbelegung herrscht, stehen andernorts teuer angemietete Unterkünfte leer. Schwabenweit würde eine nur Belegung gemeldet. „Das kann nicht sein“, so Wörle. Man sei mit der Regierung von Schwaben in Gesprächen zur gleichmäßigeren Verteilung der geflüchteten Menschen. „Das wird funktionieren, muss aber von unserer Seite angesprochen werden.“
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Gersthofer Rathauschef über eine ungleiche Verteilung der Lasten beklagt. Als der Landkreis auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise erwogen hatte, in Gersthofen eine Turnhalle zur Notunterkunft umzufunktionieren, hatte Wörle sich ähnlich geäußert.
Warum die Integrationsarbeit in Gersthofen so gut läuft, beschrieb die Koordinatorin des Helferkreises, Christine von Gropper. Sie gab den Ausschussmitgliedern einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Angebote. 110 Helfer sind registriert, rund 25 davon seien sehr aktiv in der Arbeit mit den Flüchtlingen, so Gropper. Man sei gut aufgestellt, doch über zusätzliche Unterstützung würde man sich natürlich immer freuen.
Von den 194 Asylbewerbern, die vorwiegend aus Afghanistan, Eritrea, Pakistan und Syrien stammen, seien 55 bereits anerkannt.
Soweit die Zahlen. Dahinter stehen Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen, umriss sie die Angebote, von denen sich viele im Trettenbachhaus in der Johannesstraße abspielen. „Für diese Begegnungsstätte sind wir sehr dankbar“, unterstrich Gropper die Bedeutung des Hauses für die Asylarbeit. Beratungsgespräche, Lernangebote, aber auch gesellige interkulturelle Treffen können dort stattfinden. Kostenlos stehen Notebooks zur Verfügung, mit denen die Möglichkeiten elektronischer Lernhilfen ausprobiert werden können. In den Unterkünften sei nun flächendeckendes Internet verfügbar und damit ein Weiterlernen und Kommunizieren möglich.
Bereits während des Anerkennungsprozesses werden die Menschen auf das eigenständige Leben vorbereitet, denn sobald das Asylverfahren abgeschlossen und ein Bleiberecht ausgesprochen wurde, müssten die Menschen eigentlich aus den Unterkünften ausziehen. „Das ist vor dem Hintergrund des ohnehin engen Wohnungsmarktes natürlich ein Riesenproblem“, so Gropper.
Die Chancen auf eine Wohnung erhöhen soll die Teilnahme an ei50-prozentige nem Mietbefähigungskurs, bei dem Themen wie richtiges Lüften oder Mülltrennung erklärt werden. Das von Peter Schönfelder (SPD) angeregte Prädikat „Zertifizierter Mieter“sei tatsächlich schon in Vorbereitung, erklärte Gropper.
Es werde zumindest bisher niemand auf die Straße gesetzt, der eigentlich aus der Unterkunft ausziehen müsste. „Die Regierung von Schwaben kennt die Probleme und hat kein Zeitlimit gesetzt. Sie will aber sehen, dass sich die Menschen um Wohnraum bemühen“, beantwortete Gropper eine Nachfrage von Julia Romankiewicz-Döll (Pro Gersthofen). Noch sei die Lage relativ entspannt, doch damit wäre es schnell vorbei, wenn eine neue Fluchtwelle kommen sollte.
„Dann müssen die Fehlbeleger aus den Unterkünften raus, und dann bekommen wir ein Obdachlosenproblem“, war für Bürgermeister Michael Wörle klar. Und dass Lösungen her müssen, solange Zeit ist, diese umzusetzen.
Alle Kommunen müssen ihren Teil der Verantwortung übernehmen, so seine Überzeugung. Dem stimmte auch Karl-Heinz Wagner (CSU) zu. „Die Last muss auf mehr Schultern verteilt werden.“