Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Arbeit, die nach Urlaub aussieht
Internet Die Neusässerin Daisy Ricks präsentiert auf ihrem Blog The Mandarine Girl Mode, Lifestyle und Reisen
Neusäß Mit schönen Fotos im Internet verdient sie ihren Lebensunterhalt: Mittlerweile ist Daisy Ricks, die sich gerne einfach nur „Daisy“nennt, schon so erfolgreich, dass sie kaum noch in ihrer Heimat Neusäß anzutreffen ist – die Vollzeitbloggerin lebte bereits acht Monate lang in Marrakesch, mal ist sie in Dubai, mal in der Karibik. Die 29-Jährige hat einen außergewöhnlichen Job, der sie um die ganze Welt führt. Sie ist Bloggerin und verdient damit ihren Lebensunterhalt.
Geld verdienen im Internet. Das geht. Manche werden sogar richtig reich damit. Aber natürlich schaffen das nicht alle, die bloggen, Fotos auf Instagram oder Videos auf Youtube hochladen. Daisy Ricks kann mittlerweile davon leben. Aber auch bei ihr hat es recht unspektakulär angefangen. 2011 startete sie ihren Blog The Mandarine Girl. „Ich fand es cool, eine eigene Website zu haben, und wollte es selbst ausprobieren“, erzählt sie. Den Namen The Mandarine Girl wählte sie damals nicht nur, um herauszustechen: Die Mandarine gilt auch als die Süßeste aller Zitrusfrüchte – süß und sauer gleichzeitig, so wie Daisy selbst.
Schon während ihrer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau wollte die Neusässerin lieber selbstständig sein. Nach zwei Jahren hobbymäßigem Bloggen kamen dann auch die ersten Anfragen: Firmen, die das Mandarine Girl dafür bezahlen wollen, auf ihrer Website für Produkte zu werben. Das begann mit einfachen T-Shirts und steigerte sich im Laufe der Jahre. Heute präsentiert die Frau mit ihren langen, dunkelblonden Haaren neben Outfits auch Dekoration, Technik, Hotels und Reiseveranstalter. Kurz zusammengefasst: Design, Luxus und Urlaub. 35 000 Menschen verfolgen das auf Instagram. Bei all den Bildern in einer schönen und teuren Welt kann Daisy verstehen, dass die Menschen oft vermuten, sie sei eine „eingebildete Pute“. Doch sie betont: Es steckt auch viel Arbeit hinter der Fassade vom Paradies. „Die Leute wissen gar nicht, welches Affentheater nötig ist, um ein gutes Foto vorzubereiten.“
Bevor Daisy so erfolgreich wurde, musste ihr Blog erst langsam ins Rollen kommen. Zur Überbrückung arbeitete sie noch halbtags im Büro – heute lebt sie als eigenständige Geschäftsfrau ausschließlich vom Werben auf ihrer Internetseite. Diese Arbeit macht ihr große Freude. Sie sei sehr dankbar, wie viel sie erleben dürfe. „Anfangs war ich ziemlich naiv und habe mir das ganz einfach vorgestellt“, gibt die 29-Jährige zu.
Sie wirkt um Jahre jünger, als sie es tatsächlich ist. Doch als Bloggerin wird man nicht groß, indem man einfach nur ein paar hübsche Selfies schießt: Es geht um Qualität und „Geschick fürs Business“, betont sie. Um das Geld für die Aufträge muss verhandelt und gefeilscht werden – dabei würden die Summen von den Firmen schnell nach unten gedrückt. Manche seien sogar „so dreist“, Gratiswerbung für ihre Produkte anzufragen. Daisys Meinung dazu ist klar: „Ich leiste etwas und bekomme dafür Geld. Das ist mein Job. Ich laufe doch auch nicht zum Supermarkt und möchte die Lebensmittel umsonst!“Logischerweise könne sie aber mit 35000 „Followern“auf Instagram nicht die gleichen Summen verlangen wie ein Blogger mit einer Million Fans. Denn solche gibt es tatsächlich – sie sind durch das Internet richtig reich geworden.
Ihre Arbeit ist „nicht normal“, das weiß die Neusässerin: Es gibt keine klassische Ausbildung, ein Gefühl dafür muss man sich selbst erarbeiten. Außerdem müssen die Blogger dem schnellen digitalen Wandel standhalten: So hat sich das soziale Netzwerk Instagram erst im Laufe der Zeit zu einem essenziellen Bestandteil von Daisys Arbeit etabliert. Einen Alltag gibt es bei der Bloggerin nicht. Die einzige Regelmäßigkeit: „Täglich muss ein ganze Menge an E-Mails gecheckt werden.“Das kann zu Hause in Neusäß sein oder am anderen Ende der Welt. Beruf und Freizeit vermischen sich da immer wieder. Wann bleibt Urlaub wirklich Urlaub? Und soll sie von dem atemberaubenden Sonnenuntergang über dem Meer nicht doch ein Foto für den Blog machen? Dafür ist das Mandarine Girl ihr eigener Chef. Sie teilt sich ihre Arbeitszeiten selbst ein. „Manchmal arbeite ich bis drei Uhr nachts und schlafe dafür am nächsten Tag länger“, sagt Daisy. Als „Freigeist“trägt sie die Verantwortung gerne selbst, hat auch keinen eigenen Agenten: „Keiner nimmt meinen Job und damit meine Existenz so ernst wie ich selbst.“
Der 29-Jährigen ist klar, dass sie einen Job hat, „den man nicht ausüben kann, bis man 90 ist“– es gibt sozusagen ein „Ablaufdatum“. Man müsse außerdem haushalten können, denn die Auftragslage sei nicht immer gleich. Sollte es einmal nicht mehr so gut laufen, will Daisy weiter im kreativen Bereich selbstständig sein. Das könnte in Richtung Journalismus gehen, „doch über Genaueres muss ich mir noch Gedanken machen“, fügt sie hinzu. Ihren Erfolg erklärt sie sich so: „Man muss sich Mühe geben und Zeit investieren.“Glück und Zufall gehören dazu. Bei ihr sei es wohl auch der richtige Zeitpunkt gewesen, den Blog zu starten: „Heute gibt es einen richtigen Boom an Bloggern. Steht man erst am Anfang, wird es schwierig, überhaupt noch aufzufallen.“»Kommentar I
Der Blog www.themandarinegirl.com