Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Zeit in Bronze – von Rodin zu Barlach
Große Anerkennungskämpfe hatten sie beide, aber auf ganz unterschiedliche Art. Am
stirbt mit Auguste Rodin der Meister der Bronze im ausgehenden 19. Jahrhundert. Mit „Der Denker“, „Der Kuss“und „Die Bürger von Calais“war er das Scharnier zwischen alten Genies wie Michelangelo und moderner Kunst von Giacometti und Lüpertz – und bei seinen Zeitgenossen doch extrem umstritten (Wie obszön! Wie unschön!). Knapp zwei Wochen später, am erhält ein anderer großer Künstler der Plastik in Berlin seinen Meisterauftritt: die erste Gesamtausstellung der Werke Ernst Barlachs. In seinen Bildmotiven, aber auch in seinem hier vorgelesenen Drama „Der tote Tag“thematisiert er das Leiden und ist damit, 47-jährig, einer der Großen und Gefragten seiner Zeit – bis die deutsche Geschichte und mit ihr Barlach kippt. Zuerst Führer-Gläubiger, später als entartet geächtet, schließlich mit einem Ausstellungsverbot belegt stirbt Barlach 1938. bedürftig nach einer Pause, auf eine Bank an einer Bushaltestelle in Bahnhofsnähe. Der 86-Jährige saß dort acht Minuten. Acht. Acht Minuten auf einer Bank! Mitarbeiter des Ordnungsdienstes fanden das zu lange. Warten geht kürzer, und ruhen, einfach so verharren auf der Bank – das wurde als nicht der Zweckbestimmung entsprechend eingestuft. Macht 35 Euro Geldbuße. Danach: Wirbel, Rückzieher, Entschuldigungen. Es sei halt so, dass Trinker und Obdachlose die Wartebänke über Gebühr besetzten, und da habe man in Fehleinschätzung … Geschenkt. Aber darum geht es nicht. Das Düsseldorfer Bank-Trauerspiel zeigt, wie überreglementiert der Stadtraum inzwischen ist, wie willkürlich über angemessenes und unangemessenes Verhalten entschieden wird. Wer nicht brav in amtlich abgesegneter Verhaltenskonfektionsgröße konsumierend seiner Wege geht, ist unerwünscht in unseren schönen Paranoia-Spießercitys.