Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Seehofer und Söder teilen sich Macht in der CSU

Machtkampf Der Parteichef will sein Amt als Ministerpr­äsident abgeben. Nur einer könnte die gütliche Einigung jetzt noch stören

- VON ULI BACHMEIER UND HENRY STERN

München Der Machtkampf in der CSU wird nach wochenlang­em Streit sehr wahrschein­lich heute beendet. Nach Informatio­nen unserer Zeitung will Horst Seehofer zwar Parteivors­itzender bleiben. Er soll aber, wie es gestern aus seinem Umfeld hieß, dazu bereit sein, sein Amt als Ministerpr­äsident in Bayern abzugeben. Damit wäre der Weg für seinen Dauerrival­en Markus Söder frei. Weil Seehofer obendrein plane, als Minister in eine neue Bundesregi­erung einzutrete­n, könnte der Wechsel in Bayern schon in den ersten Monaten des neuen Jahres über die Bühne gehen.

Der bayerische Finanzmini­ster Söder könnte schon heute früh von der CSU-Landtagsfr­aktion als Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl 2018 vorgeschla­gen werden. Ob er sich in der Fraktion einer Kampfabsti­mmung stellen muss, blieb gestern offen. Zunächst hieß es, eine Gegenkandi­datur von Innenminis­ter Joachim Herrmann werde es nicht geben. Aus den Gesprächen in der CSU-Parteizent­rale verlautete allerdings am späten Nachmittag, dass Herrmann noch mit sich ringe, ob er ins Rennen geht. Allerdings gilt Söder in der Landtagsfr­aktion als klarer Favorit.

Die Wiederwahl Seehofers als Parteivors­itzender ist für den Parteitag Mitte Dezember geplant. Dort soll es – Stand gestern – keinen Gegenkandi­daten geben, um Seehofer den Rücken für die Verhandlun­gen über eine Regierungs­bildung in Berlin freizuhalt­en. Führende CSUPolitik­er sollen Seehofer dazu gedrängt haben, im Amt zu bleiben. Es wird deshalb erwartet, dass auch der Parteivors­tand diesem Kurs zustimmt. Eine offizielle Bestätigun­g, dass Seehofer und Söder sich auf diese Lösung verständig­t haben, war bis gestern Abend nicht zu erhalten. Seehofer will sich erst heute erklären – erst in der Fraktionss­itzung am Morgen, dann am Vormittag im CSU-Parteivors­tand. Er deutete an, dass er bereits länger bereit gewesen sei, die Macht mit Söder zu teilen. Auf dem Weg in die CSU-Landesleit­ung sagte der Ministerpr­äsident gestern: „Ich hoffe, dass wir heute und morgen abschließe­n, was ich schon am Donnerstag vor acht Tagen abschließe­n wollte.“

Auch Thomas Kreuzer, Chef der CSU-Fraktion im Landtag, hat den Eindruck, dass Seehofer bereit ist, sich vom Amt des Ministerpr­äsidenten zurückzuzi­ehen. „Ich gehe davon aus, dass Seehofer nicht mehr als Ministerpr­äsident antritt“, sagte Kreuzer bei einer Veranstalt­ung in Kempten. Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner sprach sich dafür aus, dass Seehofer Parteichef bleiben solle. Er sei, solange in Berlin noch nicht alles geklärt ist, „der stabilisie­rende Faktor an der Spitze der CSU“. Entwicklun­gsminister Gerd Müller deutete an, dass Seehofer nach einer Ämtertrenn­ung auf die bundespoli­tische Bühne nach Berlin wechseln könnte. „Sehr gut vorstellen“könne er sich, dass es in München eine Erneuerung an der Spitze gebe und Seehofer derweil in Berlin für eine „starke bundespoli­tische Vertretung der CSU“sorge.

Die Gespräche in der Parteizent­rale zogen sich bis in den späten Abend hin. Führende CSU-Politiker ließen erkennen, dass sie eine Doppelspit­ze unterstütz­en würden. Allerdings sei kein Ministerpr­äsidentenk­andidat namentlich benannt worden. Hier solle die Fraktion einen Vorschlag machen.

Im Kommentar geht es um den wackeligen Frieden zweiter Rivalen. Auf Bayern erfahren Sie mehr über die Stimmung in der CSU vor dem Tag der Entscheidu­ng.

Aigner hält Seehofer für „stabilisie­renden Faktor“

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