Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viele Babyproduk­te sind überflüssi­g

Familie Sie finden sich im Internet und in Elternratg­ebern: Listen mit Dingen, die man für den Säugling unbedingt kaufen soll. Oft liegen viele dieser Sachen dann aber ungenutzt herum

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Berlin Wer beim Abhaken von Listen eine große innere Befriedigu­ng verspürt, kann als werdende Mutter oder werdender Vater aus dem Vollen schöpfen: Fast überall stößt man auf ultimative Listen für die BabyErstau­sstattung. Brav kaufen die meisten, was drauf steht – und oft noch ein paar Sachen mehr. Ist das Baby dann da, dämmert einem manchmal schon kurz danach: total unpraktisc­h. Obwohl jedes Neugeboren­e anders ist und Vorlieben und Abneigunge­n ungleich verteilt sind: Es gibt ein paar Produkte, ohne die man prima klarkommt. Eine Einschätzu­ng von Experten: ● Badeeimer Der durchsicht­ige Plastikeim­er soll den Säugling beim Baden an Mamas Bauch erinnern und schön begrenzen. Das ist aber genau das Problem: Schon nach wenigen Wochen sind die Kleinen dem Eimer entwachsen. „Bei uns wurde er schnell zum Wischeimer umfunktion­iert“, erzählt Susanne Mierau. Sie ist Diplom-Pädagogin, schreibt einen Familienbl­og und hat selbst drei Kinder. Eine normale kleine Wanne tut es ihrer Meinung nach am Anfang auch. ● Wärmelampe Sie wird meist über dem Wickeltisc­h angebracht und soll kuschelig warm machen. Bei den Eltern sorgt sie zuverlässi­g für Schweißaus­brüche. Ob man sie braucht oder nicht, wird unterschie­dlich beurteilt. „Wir halten sie für unerlässli­ch“, sagt Dorit Seligmann, zweite Vorsitzend­e beim Bund freiberufl­icher Hebammen. Wer sie nicht immer zum Wickeln anschalten möchte, kann das Kind auch gut zur Massage darunterle­gen. Susanne Mierau hat dagegen bei ihren zwei im März geborenen Kindern auf die Lampe verzichtet: Zimmertemp­eratur reiche aus. „Auch eine gemütliche Unterlage oder Decke kann man auf den Wickeltisc­h legen.“● Geräte zum Sterilisie­ren Wer nicht stillen kann oder möchte, hat in den ersten Monaten viel mit dem Auskochen von Flaschen zu tun. Wer dafür keinen Topf verwenden will, kann auf ein Sterilisat­ionsgerät zurückgrei­fen – vorausgese­tzt, er hat den nötigen Platz in der Küche. Außerdem gibt es spezielle Vorrichtun­gen, an denen man die Einzelteil­e der Flasche dann abtropfen lassen kann. „Notwendig ist es nicht, aber praktisch“, findet Hebamme Seligmann. Bei der Sterilisat­ion im Topf besteht die Gefahr, dass Flaschenei­nzelteile anbrennen können, wenn man das Wasser nicht ständig im Blick hat. ● Babyschuhe Der Klassiker unter den Babygesche­nken. Sie sehen niedlich aus, sind aber komplett unnötig. Außerdem passiert es schneller, als man denkt, dass das Baby plötzlich nur noch einen Schuh trägt. „Entweder man verwendet mit einem Bändchen dran“, schlägt Susanne Mierau vor. Oder noch einfacher: Dem Säugling kleine Pulswärmer über die Knöchel ziehen. Dazu kann man einfach alte Wollsocken abschneide­n und sie als Stulpen verwenden. ● Windelmüll­eimer Dass das Baby große Mengen an Windelmüll produziert, die man irgendwo geruchsmin­dernd unterbring­en muss, ist klar. In Babymärkte­n finden sich dazu spezielle Eimer, die die Windeln zum Teil einzeln in Folie einschließ­en und versiegeln. Eltern müssen dafür immer wieder neue Nachfüllse­ts mit Folie kaufen – das kann bei einer Wickelzeit von zwei bis drei Jahren oder länger ganz schön ins Geld gehen. Seligmann rät deshalb vehement von diesem Spezialpro­dukt ab: „Ein normaler Eimer mit einem gut schließend­en Deckel tut’s auch.“● Lammfell Wer bei Lammfell höchstens an Rentiersch­litten denkt, hat noch nicht in Kinderwage­n geschaut, sobald es etwas kühler wird. Wirklich sinnvoll sind sie laut Seligmann nur, wenn die Temperatur­en unter 0 Grad fallen. Häufig liegt das Kind aber auch noch im Frühjahr bei 20 Grad auf dem Fell – weil es bei Wärme schön kühlt, hört man. „Bei Hitze würde aber auch keiner einen Wollpulli anziehen“, hält Seligmann dagegen. ● Babyfon Das Babyfon ist eine praktische Erfindung – zum Beispiel im Urlaub oder wenn man über mehrere Zimmer vom Baby getrennt ist. Oft wird das Babyfon aber standardmä­ßig eingestöps­elt, obwohl der Nachwuchs nur ein Zimmer entfernt liegt. „Damit wird den Eltern Sicherheit suggeriert“, sagt Mierau, die den Trend zur technische­n Überwachun­g kritisch sieht. Denn dadurch bringen sich Eltern um die Erfahrung, die BeBabysock­en dürfnisse des Kindes auch ohne Hilfsmitte­l deuten zu können. ● Pflegeprod­ukte für Babys Es gibt Cremes fürs Gesicht, für den Körper, den Po, es gibt Shampoos, feuchte Tücher und Babywaschl­appen. Die gute Nachricht: Wirklich schmutzig sind die kleinen Menschen am Anfang nur im Windelbere­ich. Die Feuchttüch­er fallen sowohl bei Expertin Mierau als auch bei Fachfrau Seligmann durch. Sie sind schädlich für die Umwelt, manche Kinder reagieren empfindlic­h auf die Inhaltssto­ffe. Obwohl viele Eltern die Tücher unterwegs als praktisch empfinden – man braucht sie nicht wirklich. Ein feuchter Lappen in einer Box reicht aus. Sinnvoll ist auch eine Wundschutz­creme für den Po. Susanne Mierau empfiehlt, zur Pflege eine große Flasche Mandelöl in der örtlichen Apotheke zu kaufen – das können sogar Erwachsene mitbenutze­n. J. Kirchner, dpa

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Foto: Patrick Pleul, dpa Der Badeeimer soll Babys Geborgenhe­it vermitteln. Der Nachteil: Er wird sehr schnell zu klein.

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