Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bayern ist ein Markenparadies
Nur mal angenommen, die Staatsregierung behält recht und auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs den Daumen darauf, wer für kommerzielle Zwecke den Begriff „Neuschwanstein“verwenden darf. Sollte es dann nicht möglich sein, auch andere Moleküle der urbayerischen DNA in dieses markenrechtliche Schutzgebiet aufzunehmen?
Im Fall Neuschwanstein ist es ja so: Die Souvenirhersteller, die geklagt haben, sagen, das Schloss sei ein Kulturgut der Allgemeinheit, also keine Marke. Die Staatsregierung entgegnet, sie wolle keine Lizenzgebühren abzocken. Aber um das Schloss zu schützen, müssten dessen Würde und guter Ruf gewahrt bleiben. Deshalb hat der Freistaat als Schlossverwalter 2011 den Namen Neuschwanstein als europäische Marke schützen lassen. Darüber wird nun gestritten.
Schutz? Würde? Guter Ruf? Was ist dann mit den restlichen Trilliarden Bestandteilen bayerischen Kulturguts? Wenn die Berge dazugehören, dann doch auch die Bergluft oder der Bergungshubschrauber. Wenn die Weißwürste, dann doch auch die Farbe Weiß (Sind dann weiße Weihnachten genehmigungspflichtig?). Weiß-Blau sowieso. Weil es weiß-blauen Himmel nur in Bayern gibt, sollte der Himmel auch gleich als Marke geschützt werden. Und, ein Stückerl drüber, das Paradies auch noch, weil Bayern ja – siehe Seehofer – die Vorstufe zum Paradies ist. Am Ende ist ganz Bayern ein einziges Markenparadies. Hört sich das nicht gut an?
In der Causa Neuschwanstein soll das Urteil in einigen Monaten gesprochen werden. Der Fall fällt übrigens ins Ressort des bayerischen Finanzministers. Der heißt Markus Söder. Kann man eigentlich auch das Amt des Ministerpräsidenten als bayerisches Kulturgut und somit als Marke schützen? Söder würde das womöglich gefallen.