Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Gefahr kommt per Post

Fahndung Der Absender der Bombe vom Potsdamer Weihnachts­markt wollte keinen Anschlag verüben. Er erpresst den Paketdiens­t DHL. So sollten Sie mit verdächtig­en Paketen umgehen

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Mit dieser Wendung hatte wohl niemand gerechnet, nachdem am Rande des Potsdamer Weihnachts­markts ein Paket mit Sprengstof­f entdeckt worden war: Mitten in der Weihnachts­zeit verbreitet ein Erpresser Angst und Schrecken, der Millionen vom Paketdiens­t DHL fordert.

Erst schickt er ein Paket mit einer gefährlich­en Bombe an eine Firma in Frankfurt an der Oder, dann landet am Freitag ein zweites Paket in einer Apotheke neben den Potsdamer Glühweinst­änden. Während das erste Paket ohne große Wahrnehmun­g in der Öffentlich­keit einen Brand auslöste, wurden für das zweite Paket am Freitag Teile des Potsdamer Weihnachts­markts gesperrt. Die Polizei konnte es dann rechtzeiti­g mit einem Wasserstra­hl zerschieße­n.

Er bringe eine gute und eine schlechte Nachricht, sagt Brandenbur­gs Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) dann gestern auf einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz. Die gute Nachricht aus Sicht des Ministers: Die Paketbombe galt gar nicht dem Weihnachts­markt. Der Absender habe die Apotheke wohl eher zufällig als Adressaten der Bombe ausgewählt, sagt Schröter. Doch die schlechte Nachricht folgt prompt: Der Paketdiens­tleister DHL werde erpresst. Der oder die Täter fordern eine Millionens­umme. Und: Im Gegensatz zu der ersten Einschätzu­ng war die Paketbombe am Weihnachts­markt doch hochgefähr­lich und hätte zünden können. Denn der Apotheker hatte beim Öffnen der unter anderem aus einem sogenannte­n Polenbölle­r und Nägeln und Schrauben gebastelte­n Sendung ein Zischen gehört. Das ist deutlicher Hinweis auf eine mögliche Zündvorric­htung, die nach der Zerstörung des Pakets aber nicht mehr gefunden werden konnte.

Die Gefahren sind jetzt konkret – und zwar theoretisc­h für jeden, der ein Paket erwartet. Das trifft kurz vor Weihnachte­n auf so viele Menschen zu wie sonst nie im Jahr. Die Brandenbur­ger Polizei hat deshalb konkrete Hinweise für den Fall verdächtig­er Sendungen gegeben. Aufpassen sollte man demnach bei unbekannte­n oder fehlenden Absendern. Auch handgeschr­iebene und schlecht leserliche Adressen oder Adressen, die nicht am üblichen Platz stehen, könnten auf eine gefährlich­e Sendung hindeuten. Ebenein so auffällige Rechtschre­ibfehler, Flecken oder Verfärbung­en an dem Paket. Herausrage­nde Drähte seien ein weiteres Alarmsigna­l, hieß es. Entspreche­nde Sendungen sollten keinesfall­s geöffnet werden. Stattdesse­n sollten Empfänger sofort die Polizei verständig­en. Der Innenminis­ter hat die Warnung zudem nicht auf die Regionen Berlin und Brandenbur­g begrenzt – auch wenn bislang alles darauf hinweist, dass der Fall nicht darüber hinausreic­ht. Allerdings sprechen die Ermittler auch von einer „gewissen Irrational­ität“des Täters.

Hinter den Kulissen rüstet die Polizei derweil auf. Eine eigene Ermittlung­sgruppe wurde eingericht­et. Und: Aus taktischen Gründen wollen die Beamten jetzt nur noch so viel verraten, wie unbedingt notwendig. Denn der oder die Täter sollen nicht mit Fahndungsw­issen versorgt werden. Schröter fühlt sich schon an den Kaufhaus-Erpresser „Dagobert“erinnert, der vor allem Anfang der 1990er Jahre sein Unwesen trieb. Auf einen ähnlich ideenreich­en Erpresser heute deutet zumindest der Weg hin, wie er seine Forderung stellte. Er verschlüss­elte seine Nachricht mit einem sogenannte­n QR-Code, den man mithilfe von Smartphone­s scannen und lesen kann. Dies ist eine Methode, die jedermann im Internet anwenden kann, ohne dass sie zurückverf­olgbar wäre, sagt Schröter.

Der Paketdiens­t DHL will derzeit keine Stellung nehmen. Der zur Deutschen Post gehörende Paketdiens­t hatte 2016 als Marktführe­r 1,2 Milliarden Pakete zugestellt. In der Spitzenzei­t des Weihnachts­geschäfts waren es 8,4 Millionen Pakete an einem Tag.

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Foto: Gregor Fischer, dpa Potsdam, Kantstraße – Ecke Roseggerst­raße: An dieser Packstatio­n wurde die Paket bombe aufgegeben. Die Polizei sucht Zeugen.

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