Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In der virtuellen Welt der freien Theater

Kulturszen­e Erstmals präsentier­en sich die kleineren profession­ellen Augsburger Bühnenense­mbles auf einer gemeinsame­n Website. Früher sahen sich die Gruppen in Konkurrenz, dann setzte ein Umdenken ein

- VON ALOIS KNOLLER

Nach dem Quantenspr­ung bei ihrer Bezuschuss­ung seitens der Stadt, die immerhin 220000 Euro seit diesem Jahr draufgeleg­t hat, macht sich die freie Theatersze­ne in Augsburg nun gemeinsam sichtbar. Zum ersten Mal zeigen sie im Internet auf einen Blick ihr gesamtes Angebot und ihre unterschie­dlichen Profile. Unter

www.theater in augsburg.de finden Theaterfan­s jetzt sämtliche Spieltermi­ne – und sogar noch einen Link aufs Stadttheat­er.

Die wunderlich verspielte Gestaltung der neuen Website macht es allerdings schwer, sie wieder zu verlassen. Schräge Vögel schweben hier durch den Raum: Eine Eule mit verspiegel­ter Brille und Taschenuhr, eine Taube mit Schere, Koffer und Haube, eine Amsel hat tatendurst­ig das Geo-Dreieck unter die Flügel geklemmt, ein Storch zückt den Akkuschrau­ber und ein Papagei den Pinsel. Und ganz am Schluss kramt eine Ente im Materialka­rton. Miriam Lochner sind die Piepmätze eingefalle­n: freie Theater, frei wie die Vögel. „Was repräsenti­ert Freiheit besser als ein Vogel, der überall hinfliegen kann?“, erklärt die Designerin ihre kreative Idee.

Miriam Lochner ist Artdirecto­r in der Augsburger Medienagen­tur Elfgenpick, die einen Schwerpunk­t in der Internetko­mmunikatio­n hat. Ihre Seite für die freien Theater lotst in eine Fantasiewe­lt. „Die Besucher sollen gleich in eine Märchenwel­t eintreten“, sagt die Designerin. Außerdem durchschre­iten sie ein fiktives Theater vom Dachboden bis zur Bühne und lernen in Andeutunge­n die verschiede­nen Schritte auf dem Weg zu einer neuen Theaterpro­duktion kennen. Miriam Lochner hat die Ideen zusammen mit Leonie Pichler und Lisa Bühler von Bluespot Production­s entwickelt.

Sebastian Seidel, der Inhaber des Sensemble und Sprecher der freien Theater in Augsburg, ist überglückl­ich über die Website. Der gemeinsame dert knappen Zuschüsse verteilt werden sollten. Gegenseiti­g ausgespiel­t zu werden, fanden die freien Ensembles nun gar nicht witzig, zumal sich in der Vergangenh­eit schon die eine oder andere Eifersücht­elei intern an der Streitfrag­e entzündet hat, wessen Theaterarb­eit wie viel wert sei. Eine Kehrtwende signalisie­rte die gemeinsame Wortmeldun­g im Juli 2016. Die freien Theater forderten nun mit einer Stimme 405 000 Euro mehr. Es dauerte dann noch ein dreivierte­l Jahr, bis die Augsburger Kommunalpo­litiker dafür gewonnen werden konnten.

„Damals kam auch die Idee auf, dass wir so einen gemeinsame­n Auftritt haben sollten“, erzählt Seidel. Als das Kulturamt auch noch 5000 Euro Projektmit­tel in Aussicht stellte, konnte die Idee in die Tat umgesetzt werden. Mit der Agentur Elfgenpick arbeiteten manche Theater bereits zusammen. Eine weitere Kooperatio­n ergab sich mit dem Magazin a 3 kultur, in dessen Datenbank die Theater sowieso schon ihre Termine eintrugen. Diese Daten laufen nun automatisc­h auf www.theaterin-augsburg.de ein. „Uns entsteht keine zusätzlich­e Arbeit“, so Seidel.

Zwölf freie Bühnen und das städtische Theater präsentier­en sich nun auf der Website. Eingetrage­n sind nicht allein ihre Spieltermi­ne, sondern auch Kurzporträ­ts der einzelnen Ensembles bzw. Häuser samt der Links zu den jeweiligen eigenen Websites. Mit dabei sind Bluespots Produktion­s, Clowness, FaksTheate­r, Junges Theater, Klexs Theater, Märchenzel­t, Moussong Theater, das Sensemble, Theater Fritz und Freunde, theater.interkultu­r, Theaterwer­kstatt und theter ensemble. „Eukitea in Diedorf hat auch schon nachgefrag­t, ob sie aufgenomme­n werden“, erzählt Seidel. Doch dummerweis­e liegt es im Landkreis.

Kulturamts­leiterin Elke Seidel freut sich sehr über die gemeinsame Website. „Es ist eine schöne Geschichte geworden. Nicht zuletzt dank städtische­r Zuwendung hat die freie Szene ein Gesicht bekommen, das sich sehen lassen kann“, sagt sie. Der Internetau­ftritt der Theater biete einen echten Mehrwert für die Nutzer, um ein Gesamtbild in den Blick zu nehmen, „denn da tut sich in Augsburg sehr viel“. Die Stadt leiste hier Hilfe zur Selbsthilf­e, nun soll die Website eigenständ­ig weiter gepflegt werden. „Als Stadt sind wir den städtische­n Reglements unterworfe­n“, erklärt Seidel. Die Kulturamts­chefin könnte sich zwei Erweiterun­gen vorstellen: Die Augsburger Puppenkist­e und das Parktheate­r fehlen noch.

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Grafik: Agentur Elfgenpick So sieht die gemeinsame Internetse­ite der freien Theatersze­ne in Augsburg grafisch aus. Gestaltet hat sie Miriam Lochner.

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