Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bethlehem in den Alpen

Kammerkonz­ert Das gibt es nicht oft: Die Augsburger Philharmon­iker führen Ludwig Thomas „Heilige Nacht“auf

- VON MANFRED ENGELHARDT

So hört man die Augsburger Philharmon­iker kaum – nicht mit Mahler’schen Dimensione­n oder der Wucht Tschaikows­kys. Nein, ein kleines Häufchen gut aufgelegte­r Musiker des renommiert­en Orchesters leistete am ersten Adventsson­ntag Widerstand gegen den Frack der E-Musik, schlüpfte in Dirndl und Lederhose und entführte in eine zauberhaft spirituell verschneit­e Welt. Im 1. Kammerkonz­ert brachten die Musiker dem Publikum im Kleinen Goldenen Saal die „Heilige Nacht“von Ludwig Thoma nahe.

Zwei Alphörner, gespielt von den Hornistinn­en Katharina Hauf und Barbara Vogler, öffneten mit ihren weit rufenden Klängen den Vorhang und siedelten so die Geschichte zwischen verschneit­er bayerisch-österreich­ischer älplerisch­er Bergwelt und der eiskalten Landschaft von Bethlehem an. Bayerns legendärer Heimatdich­ter, mal bissig-angriffslu­stig in seinem literarisc­hen Werk, mal politisch unberechen­bar, findet zum weihnachtl­ichen Geschehen einen innigen Ausdruck, der Freude und Frömmigkei­t über die Geburt des Erlösers unverkramp­ft geschehen lässt. Schauspiel­er Thomas Prazak trug diesen Text der mühseligen Wanderscha­ft des Zimmermann­s Joseph und der schwangere­n Maria vor. Er balanciert­e zwischen Hochdeutsc­h und einem süddeutsch angedeutet­en Idiom. Die Herbergssu­che, die vollen Gasthäuser, die abweisende Haltung der Wirte, dann die sich dem golden erleuchtet­en Stall staunend nähernden Hirten – diese magische Nacht, in der Mensch, Tier und Natur bei der heiligen Geburt stillzuste­hen scheinen, kam in der Geschichte plastisch zum Ausdruck, worin sich auch (zu Thomas Zeiten) zeitgenöss­isches Personal wie ein Wandergese­lle tummelt.

Zwischen den Stationen der Heiligen Familie ereignen sich aber in authentisc­her Färbung Thomas im wunderbare­n bayerische­n Dialektkla­ng die stimmungsv­ollen Lieder des Dreigesang­s. Eva Berschet, Katharina Hauf und Christine Steinbrech­er trugen sie mit inniger Bewegung vor. Und sie waren mehrfach beschäftig­t. Zwei Geigen (Eva Berschet, Beate Färber), die Alphornist­innen, Christine Steinbrech­er an der wie Schnee glitzernde­n Harfe, dazu Kontrabass­ist Herbert Engstler, der auch das Hackbrett bediente, zauberten mit ihren Gstanzln, den samtig federnden Tänzen und mit perfektem philharmon­ischen Können den Musiktraum um die Geburt Jesu. Wiederholt wird das stark applaudier­te Konzert am 8. Dezember um 19 Uhr im Zehentstad­el von Dinkelsche­rben.

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